Herwig, Holger/ Bercuson, David

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Herwig, Holger und Bercuson, David J.
Long Night of the Tankers – Hitler´s War against Caribbean Oil
University of Calgary Press, June 2014,
ISBN: 978-1-55238-759-7, 29,47 €

Zusammen mit dem Direktor des Centre for Military and Strategic Studies der kanadischen Universität Calgary, Dr. David J. Bercuson, hat der dort tätige deutsche Historiker, Prof. Dr. Holger H. Herwig, sein neuestes Werk zum Versuch der Kriegsmarine vorgelegt, mit Jahresbeginn 1942 mit U-Booten den Nachschub an kriegswichtigen Gütern für die Alliierten, vor allem Öl, in der Karibik nachhaltig zu stören. Der auch dem U-Boot-Archiv verbundene und vielfach mit diesem kooperierende Dr. Herwig hat bereits früher schon wichtige Untersuchungen veröffentlicht, so 1976 zu den USA in den deutschen Seekriegsplanungen 1889-1941 und 1986 zu den Visionen des Deutschen Reich 1871-1914 für seine Beziehungen zu Venezuela.

Das Buch bietet nach einen Vorwort, einer Einführung, 15 thematischen Kapiteln und einer schlüssigen Zusammenfassung auf insgesamt 274 Seiten Text ein umfassenden Überblick über die Ereignisse im U-Bootkrieg in der Karibik und den Gewässern bis vor Brasilien, von den ersten Anfängen des Unternehmens „Neuland“ im Februar 1942 bis zu der dramatischen Wende im Sommer 1943. Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit erfüllt dieses Buch in hohem Maße, als nahezu alle Darstellungen durch sagenhafte 500 Anmerkungen und 110 aufgeführte Quellen und Autoren belegt werden, und dazu am Ende noch ein sehr hilfreiches, 10-seitiges Glossar angeboten wird.

Die Autoren schildern, oft im Wechsel, sowohl die politischen, ja soziologischen und natürlich militärischen Entwicklungen auf Seiten des Deutschen Reiches und der Alliierten in der Karibik, Mittelamerikas und des nördlichen Südamerikas, als auch im Detail die einzelnen Unternehmungen der zwischen Februar 1942 und Sommer 1943 dort operierenden deutschen U-Boote, wie z.B. U 67, U 129, U 156, U 161 und U  502 in der ersten Welle, sowie z.B. U 66, U 108, U 123, U 130 und U 154 in der zweiten Welle mit ihren großen Erfolgen gegen eine noch weitgehend unvorbereitete Verteidigung durch die Niederländer und Briten, vor allem aber der USA. Es wird dann die zügige Verbesserung der militärischen Fähigkeiten der Alliierten in der U-Bootbekämpfung dargestellt, die nur kurz nach der Wende im U-Bootkrieg im Atlantik im Mai 1943 dann auch in der Karibik und in den Südatlantik hinein fast nur noch zu schmerzhaften Verlusten und wenig Erfolgen für die deutschen U-Boote führte. Interessant dabei Darstellungen zu den Auseinandersetzungen zwischen Dönitz und Raeder zu den Einsatzregeln und Aufträgen bei den Operationen der U-Boote und der Einfluss von Hitler auf die Seekriegführung der Kriegsmarine allgemein. Ebenso wichtig auch das erneute Herausstellen der Autoren von Dönitz´ fast verbissenem Festhalten am vermeintlich kriegsent-scheidenden „Tonnagekrieg“, der spätestens ab 1943 hoffnungslos geworden war.

Das bislang nur in englischer Sprache veröffentlichte Buch richtet sich natürlich zunächst an eine Leserschaft mit dieser Muttersprache. Deshalb ist der Sprachstil für den deutschen Leser gelegentlich gewöhnungsbedürftig, denn es tauchen häufiger die eher journalistischen, mit „Nazi“ eingeleiteten Bezeichnungen der deutschen Wehrmacht und U-Boote auf und, wie nicht anders zu erwarten, war es natürlich auch „Hitler“ auf dem Einband des Buches selbst, der den Krieg gegen das karibische Öl führte. Dennoch kann dies hingenommen werden und schmälert die Qualität des Buches in keiner nennenswerten Weise. Im Gegenteil, die Schilderungen der Unternehmungen der U-Boote sind packend, weil eher journalistisch gehalten, und unterscheiden sich wohltuend von der Kriegserlebnisliteratur vieler deutscher Autoren, vor allem der in früheren Jahren.

Fazit:

Das Buch überzeugt durch sorgfältige Recherche und die geschickte Kombination von Darstellungen zu den politischen und militärischen Rahmenbedingungen sowie Einzelschilderungen von deutschen U-Booten und ihren alliierten Gegnern zu Wasser und in der Luft. Es ergänzt in sehr guter Weise die bisherigen, allerdings erst wenigen Veröffentlichungen zum Seekrieg in der Karibik und dem angrenzenden Atlantik bis vor die Küste Brasiliens, sein geschichtswissenschaftlicher Wert ist hoch anzusetzen. Der Bezug dieses Buches kann jedem marinegeschichtlich Interessierten nur dringend empfohlen werden.

Verfasser: Peter Monte am 30.07.2014