Wrack in Labrador

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Das angebliche Wrack eines U-Bootes der Kriegsmarine im Landesinnern von Labrador

Am 25.07.2012 und in den Tagen danach gab es wieder einmal aufgeregte Schlagzeilen in den internationalen Medien, als ein Taucherunternehmen im kanadischen Labrador nach seinen Unterwasserschallortungen sich zu der Spekulation verstieg, bei einem gefundenen Objekt von etwa 30 Metern Länge auf dem Grund des Churchill River bei den Muskrat Falls, etwa 100 km vom offenen Atlantik entfernt, könnte es sich um Wrackteile eines deutschen U-Bootes aus dem Zweiten Weltkrieg handeln. Schnell kam es zu den üblichen Schlagzeilen, wie „Rätelhaftes Nazi-U-Boot in Labrador“ und sogar die „Bild am Sonntag“ nahm diese Berichte in ihrer Ausgabe vom 05.08.2012 auf.

Auch wir sind natürlich zu diesen Berichten befragt worden und haben dabei vor allem auf die Unwahrscheinlichkeit hinwiesen, dass ein deutsches U-Boot von mindestens 67 Metern Länge unerkannt und rund 100 km einen 20-40 Metern tiefen Fluss hinauf gefahren sein könnte, um dort dann unter ungeklärten Ursachen zu sinken. Auch hatten wir sämtliche Operationen von U-Booten der Kriegsmarine in den Seegebieten vor Neufundland und Labrador überprüft, vor allem von solchen Booten, die dort vermisst sind.

Zunächst schien bald wieder Ruhe einzukehren, dann meldete sich am 09.09.2013 der kanadischen politische Aktivist Brad Cabana, eine im Übrigen schillernde Persönlichkeit, dessen Name bei der Suche im Internet unter „Google“ sofort zu vielen Treffern führt, per Email bei uns und bat uns unter Ankündigung einer bevorstehenden Mitteilung an die Presse von ihm um Stellungnahme zu seinen Erkenntnissen, nach denen er nach sorgfältigem Studium von Sidescanning Sonar- Aufnahmen des Unterwasserobjekts im Churchill River zu der Überzeugung gelangt sei, bei dem Objekt handele es sich um das Wrack eines deutschen IXC U-Bootes. In weiteren Emails meinte er dann sogar, es würde sich um das Wrack von U 184 handeln, das unter rätselhaften Umständen möglicherweise in kanadische Gewässer eingedrungen sei, vielleicht sogar ein Fluchtversuch der Besatzung.

Wir konnten über unsere frühere Argumentationslinie hinaus nur feststellen, dass U 184 seit 21.11.1942 ungefähr auf 49 Grad Nord und 45 Grad West vermisst wird, also mehrere hundert Seemeilen von Labrador entfernt. Wenige Tage später kam dann Brad Cabana mit der neuen Behauptung, bei dem Wrack würde es sich zweifelsfrei um ein deutsches Typ IX C U-Boot handeln und es müsste nun sicher U 855 sein. Auch hierzu konnten wir nur feststellen, dass U 855 vermutlich nach einem Minentreffer seit 17.09.1944 südlich von Island vermisst wird, ebenfalls hunderte von Seemeilen von Labrador entfernt. Zwar erschienen einige Medienberichte in Kanada mit Cabanas Behauptungen, das weitere Echo blieb bislang jedoch erstaunlich verhalten. Grund dafür mag die Reputation von Brad Cabana in Kanada sein, der ein vehementer Gegner eines Staudammprojektes am Churchill River in der Nähe von Muskrat Falls ist und aus dem angeblichen U-Bootwrack, das er selbst schon zum „Kriegsgrab“ erklärt hat, politisches Kapital bei seinem Kampf gegen den Staudamm schlagen will.

Fazit:

Nur Taucher und die mögliche Bergung des Wracks könne zweifelsfrei beweisen, um was es sich bei dem Objekt wirklich handelt, ein deutsches U-Boot, so unwahrscheinlich es jetzt auch sein mag, an dieser Stelle wäre dann ein wirkliche Sensation. Doch sollten wir der weiteren Entwicklung um dieses Unterwasserobjekt im Churchill River mit Gelassenheit entgegen sehen.

Recherche und Textbeitrag: Peter Monte – Deutsches U-Boot-Museum