Versenkung durch U 4

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In der Bildmitte U 4
In der Bildmitte U 4

Informationen zu U 4 ( Typ II A )

Kiellegung am 11.02.1935
Stapellauf am 31.07.1935
Indienststellung am 17.08.1935
Bauwerft Deutsche Werke Kiel

Das Boot gehörte der U-Schulflottille (sb+fb) bis 06.1940 und der 31. U-Flottille (sb) von 07.1940 bis 07.1944 an. Das Boot wurde am 01.08.1944 in Gotenhafen außer Dienst gestellt und 1945 ausgeschlachtet. Das Besatzungsmitglied Peter Alois Trierweiler – geb. am 26.08.1917 – war als Obersteuermann (OStrm) an Bord eingesetzt.

 

 

Versenkung des engl. U-Bootes Thistle durch Unterseeboot 4 während der Besetzung von Norwegen am 10.04.1940

Kurzform-Telegrammstil

Dieser Bericht beschränkt sich streng nur auf ein paar Stunden während der oben genannten Aktion.

Marsch an die südnorwegische Küste zwischen etwa Haugesund und Stavanger – Sonderaufgabe, die aber noch niemand kennt an Bord – weitere Anweisungen folgen, jeder spürte aber: es lag irgendetwas Besonderes in der Luft – strenger Befehl, nicht anzugreifen, um unter keinen Umständen entdeckt zu werden – unerklärlich für uns. Nur feindliche Schiffsbewegungen beobachten und melden.

Es war der 09. April 1940 – standen am Eingang eines Fjords/Nähe Skudenes. Befehlshaber der U-Boote machte auf engl. U-Boote-Gefahr aufmerksam. Standen auf einem Generalkurs „ Auf und Ab“ – mit kleinen, aber wechselnden Fahrtstufen (kleine Fahrt/langsame Fahrt) und laufenden Kursänderungen innerhalb des Generalkurses. Steuerbord und Backbord Land in greifbarer Nähe. Durch diese laufenden Änderungen wollte man einem unter Wasser fahrenden Gegner das Einrechnen einen verlässigen[sic!] Schussposition unmöglich machen.

Es herrschte sehr klare Sicht – leichte Schaumkronen – Seegang etwa 3 oder 3-4. Ausguck meldet plötzlich mehrere Blasenbahnen – harte Kursänderung – Alarm – tauchen – hunderte und tausende Male geübt – innerhalb von Sekunden sind wir unter Wasseroberfläche verschwunden – jetzt und später keine Schraubengeräusche des uns beschossenen[sic!] Bootes zu hören. Aber dann, fünf hintereinander folgende, sehr laut zu hörende Detonationen. Wir nehmen an, dass die Torpedos an den Fjord-Felswänden aufgeschlagen sind.

Die meisten Torpedos sind oder wären vor unserem Boot vorbeigelaufen. Begünstigt durch das Wetter, die unterschiedlichen Kurse und Fahrtstufen und die „scheinbar hohe Bugwelle“ ließen die Fahrt unseres Bootes vermutlich zu hoch einschätze, um dadurch am treffsicheren Schießwinkel vorbeizurechnen.

Hervorragende Unterlagen über gegnerische Streitkräfte waren an Bord. Es war deshalb schnell ermittelt, dass es sich bei dem engl. Boot vermutlich um eines aus der Sealklasse handeln müsse. So wußte man also auch, wie viel Torpedos, Minen das Boot fassen konnte, wie groß es war und wie groß etwa die Besatzung sein müsse.

Nerven zum Zerreißen gespannt – Situation allen glasklar – wer in der folgenden Nacht den anderen zuerst sieht, bleibt der überlebende. Schon vorher mehrere Fahrten mit U 4 – aber so unmittelbar wie hier stand der Tod noch nicht vor Augen der Besatzung. Bis kurz vor Mitternacht Unterwasserfahrt – wir wurden gelassener – Gegner viel größer als wir – wir müssten schlafen, wenn wir ihn nicht zuerst sichten mussten. Etwa für 23 Uhr war Auftauchen festgelegt, die Batterien bedurften dringend der Aufladung.

Eine bange Frage für alle: würden auch unsere Torpedos funktionieren – denn U 4 hatte als eines der ersten Boote bereits im September 1939 unter eindeutig-dramatischer Situation das Versagen de eigenen Torpedos erlebt. Das Boot war zu seiner ersten Fahrt am Tage des Kriegsausbruchs aus Wilhelmshaven in die Nordsee zum Kaperkrieg ausgelaufen.

Klarmachen zum Auftauchen – Kommandant nimmt Rundblick – ganz ruhige See, aber dunkelschwarze Nacht – nichts auszumachen – bange Sekunden, könnten wir nicht beim Auftauchen doch von den größeren gesehen werden – wir hatten Glück. E-Maschinen machten langsame Fahrt – Brückenbesatzung versucht diese pechschwarze Nacht zu durchdringen. Der Schreiber dieser Zeilen hat vorher und kaum später eine solche dunkle Nacht erlebt – gar nicht so lange nach dem Auftauchen entdeckt er das feindliche Boot schemenhaft als schwarze Silhouette auf ganz dunklem Hintergrund – blitzschnell hat die gesamte Brückenbesatzung das Boot im Glas – fast gleichzeitig kommt Kommando „auf Gefechtsstationen – klar zum Überwasserangriff“ automatisch stürzt der Schreiber ins Boot ans Ruder – Kommandant an Maschine: „… beim Anlassen der Diesel um Gottes Willen kein „Feuerwerk““, nur ein Funke könnte uns verraten (nach langer Unterwasserfahrt und dem Wiederauftauchen war die Gefahr der Funkenbildung durch di Dieselmotoren immer sehr besorgniserregend, zumal bei dieser ausgesprochen dunklen Nacht – wir hatten Glück.

Die Diesel sprangen an, das Boot drehte einen Bogen auf größeren Abstand zum Angriff – durchs Sprachrohr konnte jedes Kommando mitgehört werden – das gegnerische Boot schien gestoppt zu liegen oder machte höchstens ganz geringe Fahrt, unverständlich auch im Nachhinein für uns – sollte man dort durch unser schnelles Wegtauchen angenommen haben, man habe uns getroffen-versenkt? Oder war es auch erst unmittelbar davor aufgetaucht – wie anders hätte man sich so ein Verhalten erklären können. Der erste Anlauf brachte die Entscheidung – eine gewaltige Explosion und Sekunden später ein penetranter Ölgeruch in unserem Boot.

Wegtreten von Gefechtsstationen – der Schreiber dieses Papiers zieht wieder auf Brückenwache und wird vorher am Ruder abgelöst. Das Boot fährt näher an die riesige Öllache heran – für einige Sekunden wird sie – höchstes Gefahrenmoment für unser Boot – abgeleuchtet – aber nicht das geringste Wrackteil ist zu sehen – wir entfernen uns schnell, denn gegnerische Streitkräfte könnten in unserer Nähe sein. Das Erinnerungsvermögen hat kaum etwas so deutlich festgehalten, wie den folgenden Ausspruch des Kommandanten, den er mit größtem Respekt von sich gab: Wenn wir schon kein Wrackteil finden, die Mütze des Kommandanten oder einen Arm mit Ärmelstreifen, glaubt ja Dönitz an keine Versenkung.

Die Funkanlage von U 4 war ausgefallen, der Erfolg konnte nicht gemeldet werden. Nach dem Einlaufen im Stützpunkt und der offiziellen Rückmeldung des Bootes durch den Kommandanten wurde dieser bei seiner Meldung unterbrochen mit der Bemerkung, dass bereits die Versenkung des engl. U-Bootes mit x-Minen und Torpedos und einer etwa 70-köpfigen Besatzung an Bord von uns versenkt worden sei[sic!] – wir gingen in Gedanken vor unserem Spionagedienst in die Verbeugung.

Gefühlsausbrüche, Reaktionen, Einzelheiten und anderes sind bewusst hier außer Acht gelassen worden.

Für den Laien und Nicht-Seemann: Ein Schiff steht „Auf und Ab“ heißt einfach und im Klartext, dass es ständig auf der gleichen Kurslinie hin und her fährt.

Neu in Kurzform bearbeitet am 28.12.1984

Trierweiler

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