Der Roman „Das Boot“
„Das Boot“ ist ein 1973 erschienener Roman von Lothar-Günther Buchheim, in dem er seine gesamten Erfahrungen und Erlebnisse auf deutschen U-Booten literarisch verarbeitet. Den größten Teil dieser Erfahrungen machte Buchheim, als er als Kriegsberichterstatter auf der 7. Feindfahrt von U 96 vom 27.10-06.12.1941 mitfuhr. Die Episode vor dem Einlaufen des im Roman beschriebenen Bootes, anonymisiert als UA bezeichnet, in La Rochelle, bei der UA Zeuge der Versenkung eines Kameradenbootes wird und Schiffbrüchige aufnimmt, basiert sicherlich auf der Fahrt von U 309 unter dem Kommando von Hans-Gert Mahnholz vom 06.-12.08.1944 vom bereits von den Alliierten eingeschlossenen Brest nach La Rochelle. Diese Fahrt diente zur Evakuierung von Personal, darunter auch Buchheim, aus Brest, das daher überfüllte Schnorchelboot fuhr dabei fast ausschließlich unter Wasser. Am 12.08. nahm es Überlebende von U 981 auf, das zunächst durch eine aus der Luft gelegten, britischen Mine schwer beschädigt und dann durch Bomben einer britischen Halifax versenkt wurde.
Der Text selber gibt explizit keinen Aufschluss darüber, in welchem Jahr er sich abspielt, erst im vierten Kapitel erfährt der Leser, in welchem Monat die Handlung stattfindet. Ein konkreter Bezug zur 7. Feindfahrt von U 96 wird nicht hergestellt. Der Roman ist voller Bezüge zu tatsächlichen Ereignissen oder Beschreibungen des Bootes bzw. des U-Boot-Bunkers. Diese ermöglichen, da sie sich über den Verlauf des U-Boot-Krieges von 1941 bis zur Invasion der Alliierten erstrecken, auch keine konkretere zeitliche Zuordnung.
Durch das Fehlen dieser konkreten zeitlichen Einordnung strebt der Autor eine allgemeinere Gültigkeit seines Textes an, der die Summe seiner Erfahrungen an Bord von U-Booten darstellt. Die 7. Feindfahrt von U 96 vor 75 Jahren dient als erzählerischer Rahmen, in den dann auch andere Erlebnisse eingeflochten werden. Sämtliche Bootsnummern sind anonymisiert, so wird das U-Boot auf dem der Erzähler fährt als UA bezeichnet. Die Offiziere des Bootes tragen zum Beispiel keine Namen, der Kommandant wird als „der Alte“ ,der LI als „Leitende“ und Wachoffizieren nur mit ihrer Dienststellung bezeichnet. Tragen im Roman Personen Namen, wie zum Beispiel die Feldwebel, so wurden sie geändert. Buchheim stellt im Vorwort seines Romans auch explizit heraus, dass es sich bei den Schilderungen der handelnden Personen nicht um Portraits realer Personen handeln würde.
Die Handlung des Romans wird von einem Ich-Erzähler, der Teil seiner Diegese ist, vermittelt. Während der Passagen des Romans, die im Fokus dieser Betrachtungen stehen, ist er allerdings als Angehöriger der Propagandakompanie zu weitgehender Untätigkeit verurteilt und versucht, sein Denken unter Kontrolle zu bringen.
Diese zum Teil längeren inneren Monologe des Erzählers sollen im nächsten Kapitel nicht näher betrachtet werden, sondern konkrete Ereignisse, Handlungsweisen aus der Handlung des Romans zum Vergleich mit den tatsächlichen Ereignissen anhand des KTBs von U 96 herausgearbeitet werden.
Ausgewählte Bezüge zu tatsächlichen Ereignissen und Begebenheiten im Roman „Das Boot“
Die Angaben der Seitenzahlen beziehen sich auf die im unten angegebenen Weblink verwendete 8. Auflage des Piper-Verlages.
- Bei den Feierlichkeiten in der „Bar Royal“ in der letzten Nacht vor dem Auslaufen muss der Erzähler an einen gewissen Admiralstabsoffizier Bode beim BdU denken. Dabei erwähnt er, dass 30 Boote in einem Monat verloren gegangen seien. Der erste Monat, in dem mehr als 30 deutsche U-Boote verloren gingen war der schwarze Mai 1943 mit 42 Booten. Die höchste monatliche Verlustziffer bis dahin belief sich auf 18 im Februar 1943. Im Jahr 1941 gingen insgesamt 35 U-Boote verloren. (S. 21)
- Bei den Feierlichkeiten erwähnt der Erzähler auch einen KptLt. Mönkeberg, der, als er in einem ruhigen Seegebiet im Atlantik baden wollte, beim Springen vom Turm seines U-Bootes auf dessen Satteltank aufgeschlagen ist und sich dabei das Genick gebrochen hat. Dies spielt auf KptLt. Rolf Mützelburg (Bild rechts), den Kommandanten von U 203, an, der am 11.09.1942 an einem bei einem solchen Badeunfall erlitten Schädelbasisbruch mit Schädel-Hirn-Trauma an Bord seines Bootes verstarb. (S. 36)
- Auf dem Weg zum Boot in den U-Boot-Bunker weist der Leitende den Erzähler auf ein Auto hin, dass sich auf seinen Rädern auf dem Dach eines fünfstöckigen Gebäudes befindet. Bei einem alliierten Bombenangriff sei es von der Wucht der Explosion einer Bombe von der Größe einer Litfaßsäule dort herauf geschleudert worden. Diese Bombe spielt auf die britische Tallboy an, eine 6,4 m lange, 5,4 t schwere Bombe, die stromlinienförmig geformt und mit Spezialstahl ummantelt dazu entworfen wurde, tief in verbunkerte oder ähnlichen Strukturen einzudringen und großen Schaden anzurichten. Die ersten Tallboy wurden in der Nacht vom 08. auf den 09.06.1943 auf einen Eisenbahntunnel in Frankreich abgeworfen. Aus St. Nazaire sind Fotos aus dem Jahr 1943 überliefert, die ein Citroën-Dienstfahrzeug der örtlichen Kriegsmarinewerft zeigen, das auf seinen Rädern ins Dach eines vierstöckigen Gebäudes eingeschlagen ist. (S. 49)
- Der Leitende erwähnt auch, dass die 7 m dicke Betondecke des Bunkers von solch einer Bombe getroffen aber nicht durchschlagen worden wäre. Die ursprünglich 3,85 m dicke Decke aus Stahlbeton des U-Boot-Bunkers in St. Nazaire wurde ab Juni 1943 durch eine zweite Decke, und ab Ende 1943 Fangroste aus Beton darauf verstärkt. Die Maximale Deckenstärke des Bunkers beträgt 8,75 m. (S. 50) Der Erzähler selbst wird am Ende des Romans bei dem Bombenangriff nach dem Einlaufen La Pallice Zeuge, wie eine Tallboy die angeblich 7 m starke Betondecke des dortigen U-Boot-Bunkers durchschlägt und dabei ein ca. 3 m großes Loch hinterlässt. (S. 819)
- Als der Erzähler dann UA zum ersten mal noch im Bunker liegend erblickt, beschreibt er die sperrig vom Turm abstarrenden Flakwaffen (plural). Dies beschreibt am ehesten den ab Sommer 1943 auf Booten des Typs VII C verwendeten Brückenumbau IV. Zum Gewichts- und Höhenmomentsausgleich und weil so gut keine Einsatzmöglichkeiten mehr bestanden, wurden die Boote dabei nicht mehr mit dem 8,8 cm Deckgeschütz ausgestattet. Im späteren Verlauf des Romans stellt sich allerdings heraus, dass das Boot über ein Deckgeschütz verfügt. (S. 56)
- Zu Beginn der Feindfahrt spricht der Zentralegast Turbo von Kap Hatteras. Dieses Kap im Bundestaat North Carolina stellt den südöstlichsten Punkt der USA dar und hat erst im Verlauf der Operation Paukenschlag 1942 für deutsche U-Boot-Männer aufgrund der Vielzahl der dort von deutschen U-Booten versenkten Schiffe eine besondere Bedeutung bekommen. Das Seegebiet vor Kap Hatteras trägt auch den Namen Friedhof des Atlantiks, da in diesem durch starke Strömungen, Untiefen und häufige Stürme gefährlichen Seegebiet im Laufe der Jahrhunderte über 2.000 Schiffe gesunken seien sollen. Die amerikanische Wetter- und Ozeanbehörde NOAA betreibt dort das Schutzgebiet „Monitor National Marine Sanctuary“, über das in der Strandgut-Ausgabe September 2016 berichtet wird. (S. 90)
- Nach dem Zusammentreffen mit einem neutralen spanischen Dampfer auf dem Rückmarsch, bei dem dieser beinahe durch das U-Boot versenkt worden wäre, rekapituliert der Alte später, dass es um ein Haar zu einem zweiten Laconia-Fall gekommen wäre. Die Laconia wurde am 12.09.1942 von U 156 versenkt, unser Artikel „Der Fall Laconia“ liefert nähere Informationen zu diesem weithin bekannten und inzwischen auch verfilmten Fall. (S. 782)
- In der schon erwähnten Episode vor dem Einlaufen in La Rochelle, versucht UA dem durch Minentreffer stark angeschlagenem Kameraden Flak-Unterstützung vor anfliegenden Flugzeugen zu geben. Dies geschieht mit seiner „Dreikommasieben“, das 3,7 cm M 42U Flakgeschütz, das im Oktober 1943 erstmals auf vier U-Booten auf deren Brückenumbau IV eingebaut wurde. (S. 804)
Weblink:
- https://de.scribd.com/doc/115444770/Das-Boot-in-German – frei abrufbare Ausgabe des Romans „Das Boot“
Literatur:
- Rössler , Eberhard: Die Geschichte des deutschen U-Bootbaus Band II.
- Neitzel, Söhnke: Die deutschen Uboot-Bunker und Bunkerwerften
Quelle:
- KTB U 309 vom 03.-12.08.1944
Text: Kai Steenbuck – Fotos: Kai Steenbuck, Deutsches U-Boot-Museum