Haarr, Geirr

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Haarr, Geirr
The Gathering Storm – The Naval War in Northern Europe September 1939 – April 1940
Seaforth Publishing, Barnsley UK, 2013, ISBN: 978-1-84832-140-3, ca. 42,00 € (35,00 GBP), Druck auch bei: US Naval Institute Press, Annapolis USA, ISBN: 978-1-591143314, 38,40 € (bei Amazon)

Der seit langem auch gerne im U-Boot-Archiv forschende norwegische Autor militärhistorischer Bücher legt mit seinem jüngsten Buch zur maritimen Vorgeschichte der Besetzung Norwegens durch die deutsche Wehrmacht ab April 1940 das nunmehr dritte Buch seiner Darstellungen und Bewertungen zur Geschichte der deutschen Be-setzung Norwegen vor. Mit „The Battle for Norway April – June 1940“ vom Juni 2010 und „German Invasion of Norway: April 1940“ vom April 2012 hat er jetzt seine Trilogie zu dieser für Norwegen so traumatischen Zeit vorläufig abgeschlossen.

Zeichneten sich bereits Haarrs ersten beiden Bücher durch umfassende und durchweg sehr sorgfältige Recherche aus, gilt dies auch für sein jüngstes Werk. Auf 433 Seiten Text bietet er in 26 Kapiteln mit überwältigenden 1.022 Anmerkungen eine umfassende Darstellung der Entwicklungen bei der Marine Großbritanniens und der des Deutschen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg, über das Kriegsgeschehen nach Ausbruch des Zweiten Welt-krieges, bis hin zum Beginn der Operation „Weserübung“ im April 1940, also der deutschen Besetzung Norwe-gens. Er hat dazu umfangreich recherchiert, so u.a. im Bundesarchiv/ Militärarchiv in Freiburg, den britischen Nationalarchiv in London und auch im U-Bootarchiv in Cuxhaven-Altenbruch, dort vor allem durch das Studium der Original-KTB der deutschen U-Boote. Haarr führt neben diesen Quellen im Literaturverzeichnis seines Buches insgesamt 170 Autoren auf und nennt auch 25 benutzte links im Internet. Sehr hilfreich am Ende auf 13 Seiten ein umfangreiches Personen- und Schiffsnamenverzeichnis, darunter auch 52 U-Boote der Kriegsmarine.

Haarr hat somit einen umfassenden Ansatz gewählt, der gelegentlich den direkten Bezug auf Norwegen verlässt, was aber gewollt ist und gebilligt werden sollte. Gerade für diejenigen, die sich der Geschichte der Kriegsmarine und der Royal Navy in den letzten Jahren vor Kriegsausbruch und den ersten Kriegsmonaten widmen, bietet dieses Buch eine wertvolle Ergänzung der bisherigen Literatur dazu. Man muss mit Haars Darstellungen und vor allem seiner Bewertung in seinem Schlusskapitel nicht in jedem Aspekt einverstanden sein, seine Aussagen sind jedoch immer absolut quellengestützt und verständlich, auch ist seine Sprache überzeugend klar und treffend.

Haarr hat es verstanden überzeugend aufzuzeigen, dass der Zweite Weltkrieg der ersten Monate in den Seegebieten des Nordatlantiks und Nordmeeres alles andere war als das Kriegsgeschehen im westlichen Europa, der gerne auch als „Sitzkrieg“ oder in der anglo-amerikanischen Übersetzung als „Phoney War“ bezeichnet wird. Ihm ist es darüber hinaus gelungen eine Bewertung zu begründen, dass der trotz überraschender Erfolge der Kriegs-marine in den ersten Kriegsmonaten und einer im Wesentlichen nur reaktiven Royal Navy die „Naval Battle of Britain“ im Mai 1940 verloren war, weil die deutsche militärische Führung den errungenen strategischen Vorteil dieser Monate nicht erkannt und entsprechend genutzt hat. Das war, so Geierr Haarr, der Prolog zur später verlorenen „Battle of the Atlantic“ und einer der Gründe für die Kapitulation des Deutschen Reiches 1945.


Fazit:

Haarrs jüngstes Buch ist mehr als nur ein Schlusskapitel in seiner Trilogie zur deutschen Besetzung Norwegens im Zweiten Weltkrieg, denn es widmet sich dem gesamten Seekrieg der ersten Kriegs-monate und deren Vorgeschichte, was natürlich oft nicht direkt auf das Schicksal Norwegens Bezug hat. Dennoch, der Ausgang der Auseinandersetzungen zwischen Kriegsmarine und Royal Navy der ersten Kriegsmonate und Zustand der beiden Marinen war natürlich letztlich von Bedeutung für die Besetzung Norwegens. Insofern liefert dieses Buch mehr als ein nur auf die Ereignisse um die Besetzung Norwegens bezogene Arbeit, es kann durchaus als eine gelungene allgemeine Darstellung und Bewertung des Seekrieges bis zum April 1940 herhalten.

Geirr Haarr hat vor allem mit seiner sehr nachvollziehbaren und ausgewogenen Bewertung des Seekriegsgeschehens der ersten Kriegsmonate sicherlich genügend Zündstoff für eine weiterführende Diskussion unter Marinehistorikern und Interessierten geliefert. Sein Buch ist sehr empfehlenswert und eine vorzügliche Bereicherung jeder marinegeschichtlichen Literatursammlung.


Verfasser: Peter Monte am 28.11.2013