Hellwinkel, Lars
Lars Hellwinkel
„Hitlers Tor zum Atlantik – Die deutschen Marinestützpunkte in Frankreich 1940-1945“
Christian Links Verlag, Berlin, Juli 2012, ISBN978-3-86153-672-7, 35,90 Euro
Mit seiner jüngsten Veröffentlichung legt der Schifffahrts- und Marinehistoriker Lars Hellwinkel nun seine im Juli 2006 gleichzeitig an den Universitäten Kiel und Brest eingereichte Dissertation in erweiterter Form vor, nachdem er aus dieser im März 2010 bereits eine Schwerpunktdarstellung zum Kriegsmarine Stützpunkt Brest („Der deutsche Kriegsmarinestützpunkt Brest“, Verlag Dr. Winkler, Bochum März 2010, ISBN 978-3-89911-103-3, siehe entsprechende Buchbesprechung) heraus-gegeben hat.
Auf 194 Seiten Text mit Bildern beschreibt Hellwinkel in 4 Kapiteln die Geschichte vom Aufbau, dem Betrieb und dem Ende der fünf großen Kriegsmarinestützpunkte im deutsch-besetzten Frankreich, Brest, Lorient, St. Nazaire, La Rochelle/ La Pallice und Bordeaux. Die Kapitel hat er dazu chronologisch geordnet, ihrem zeitgeschichtlichen Verlauf entsprechend aber mit einem thematischen Überbau versehen. So wird der Anfang eine Darstellung des „Traum vom Tor zum Atlantik“, der jahrelange Betrieb dann zum „Alltag zwischen Arbeit, Kollaboration und Widerstand“, das Ende zum „Ausharren auf verlorenem Posten“ und die heutige Situation mit „Bunker werden zu Kulturstätten“ beschrieben.
Wie auch in seinem Buch zum Stützpunkt Brest beweist Hellwinkel mit seinen Texten, den zahlreichen, oft bislang nie gesehenen Fotos und beeindruckenden 527 Anmerkungen auf 11 Seiten, sowie einem Literaturverzeichnis mit 150 Nennungen eine enorm gründliche Recherche-Arbeit, die insbesondere den Militärhistoriker von der Qualität der vorlegten Arbeit überzeugen dürfte. Das Buch ist keineswegs nur ein „aufgeblähtes“ Brest-Buch, sondern kann als völlig eigenständig betrachtet werden, obwohl es natürlich die wesentlichen Darstellungen zu Brest in angemessen verdichteter Form übernimmt.
Der interessierte Laie wird das Buch als wohltuend leserlich empfinden, die Text sind verständlich und anders, als noch in seinem Buch zum Stützpunkt Brest, werden auf die für den Unkundigen wenig hilfreichen Zitate in französischer Sprache ebenso verzichtet, wie die in jenem Buch vorgenommenen, nur schwer nachzuvollziehenden Darstellungen von Zuständigkeiten der deutschen und französischen, sowie die vielen Veränderungen in den Unterstellungsverhältnissen. Besonders lesenswert ist das Kapitel über den Betrieb der Stützpunkte mit vielen interessanten Berichten zum Leben und Arbeiten unter der deutschen Besetzung, eine aus verschiedenen Gründen bislang wenig aufgearbeitete und dargestellte Geschichte.
Das Buch ist sehr sinnvoll aufgebaut und gegliedert, es beantwortet viele Fragen und zeigt historische Abläufe und Gegebenheiten auf, die nicht jedermann gefallen werden, weil sie vieles, bislang gern Überliefertes revidieren, vor allem bei so sensiblen Thema wie Kollaboration und Widerstand.
Zusammen mit seinem ersten Buch zum Stützpunkt Brest hat Hellwinkel mit diesem Werk nun eine wichtige Gesamtdarstellung zu den Kriegsmarinestützpunkten im besetzten Frankreich vorgelegt, das viele Lücken schließt und einen lange gesuchten, griffigen Überblick über dieses spezielle Kapitel in der gemeinsamen Vergangenheit von Deutschland und Frankreich bietet.
Es sollte bei jedem Interessierten einen Platz in seiner marinegeschichtlichen Bibliothek finden.
Peter Monte, Deutsche U-Boot Museum, 26.07.2012