Die Bombardierung von UA in „Das Boot“

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Das fiktive UA befindet sich an einem Abend Ende November westlich der Straße von Gibraltar. Wie U 96 ist ihm vom BdU befohlen worden, nach Versorgung durch ein interniertes deutsches Handelsschiff im neutralen Spanien ins Mittelmeer zu marschieren. Der Kommandant, der Alte, plant ähnlich wie Heinrich Lehmann-Willenbrock bei Dunkelheit an die Afrikanische Seite der Meerenge angelehnt zunächst über Wasser so weit wie möglich in diese zu laufen, um das Boot dann getaucht von der auch tatsächlich in der Straße von Gibraltar herrschenden Oberflächenströmung vom Atlantik ins Mittelmeer ziehen zu lassen.

Diese Nacht im Roman ist im Gegensatz zur Nacht vor 75 Jahren recht dunkel. Schon am vorausgegangenen Tag musste UA mehrere Male vor gegnerischen Flugzeugen tauchen. Der Straße von Gibraltar schon sehr nahe wird das Boot, nachdem es über Wasser einige gegnerische Sicherungsfahrzeuge ausmanövriert hat, plötzlich von einem gegnerischen Flugzeug direkt angeflogen. Bevor das Boot durch Alarmtauchen von der Wasseroberfläche verschwunden ist, wirft das Flugzeug zwei Bomben darauf. Das komplette Deckgeschütz wird aus seinem Pivot geschleudert und es kommt zu 4 bis 5 Wassereinbrüchen, unter anderem im Diesel- und E-Maschinenraum. (S. 620f)

Wie U 96 taucht UA unmittelbar wieder auf um mit Äußerster Kraft nach Süden zu steuern, wobei auf UA noch der Backborddiesel ausfällt. (S. 622) Als gegnerische Sicherungsfahrzeuge die Nacht taghell erleuchten, muss das Boot tauchen. Stark vorlastig rauscht es in die Tiefe, sämtliche Versuche des Leitenden, das Boot abzufangen schlagen fehl und so prallt es in 280 m Tiefe auf den Meeresgrund. (S. 625) Gegnerische Sicherungsfahrzeuge fahren heran und umkreisen das Boot, allerdings ohne eine Ortung zu erhalten. Die Besatzung versucht, die Wassereinbrüche zu stoppen und die erhaltenen Beschädigungen zu reparieren.

An Bord von UA sind durch den Fliegerangriff 24 Batteriezellen gerissen. (S. 645)  Beim Kontakt der ausgelaufenen Schwefelsäure mit in den Batterieraumbilgen befindlichen Wasser bilden sich Chlorgase, so dass die Bilgen über eine spezielle Berieselungsanlage mit Kalkmilch gespült werden müssen, um die Säure zu neutralisieren und so die Bildung von Chlorgasen zu stoppen. Danach wird schon, ganz im Gegensatz zu U 96, mit der Überbrückung der defekten Batteriezellen begonnen, wobei die dazu an Bord befindlichen Überbrückungsschienen nicht ausreichend sind, so dass man mit im Boot zusammengesuchtem Draht improvisieren muss. (S. 652) Dies stellt eine Dramatisierung für den Roman dar, da auf U 96 ausreichend Überbrückungsschienen vorhanden waren, um die Funktion der Batterien aufrecht zu erhalten. Im Roman wird nicht erwähnt, über wie viele Batteriezellen UA insgesamt verfügt, es kommt lediglich zur Sprache, dass nur noch ein kleiner Rest intakter Batteriezellen vorhanden wäre, der mit den Überbrückungsschienen zu einem funktionierenden Element zusammengefügt werden müsste. Auf U 96 war zwar die Gesamtkapazität der Batterien durch das Auslaufen der Zellen herabgesetzt, seine Stromversorgung blieb aber stets gewährleistet, so dass die Überbrückung der defekten Zellen auch erst zwei Tage nach der Bombardierung vorgenommen wurde.

Fast alle Außenbordverschlüsse von UA machen nach dem Aufprall auf dem Meeresgrund Wasser. (S. 656) Als Außenbordverschlüsse werden sämtliche Durchführungen durch den Druckkörper eines U-Bootes, wie Luken und Ventile bezeichnet, sie werden aus Sicherheitsgründen stärker bemessen, als der Druckkörper. Um das Risiko einer unbeabsichtigten Öffnung zu minimieren werden Verschlüsse stets doppelt, möglichst dicht beieinander angeordnet. Welche Außenbordverschlüsse Wasser gemacht haben und wie die Besatzung von UA diese wieder dicht setzte wird im Roman nicht näher beschrieben, lediglich dass das an Bord befindliche Leckwehrmaterial aus Holz zum Einsatz kommt. (S. 699)

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Die Bewässerungsleitung der Boldschleuse von U 995 als Beispiel für einen doppelt ausgeführten Bordabschluss (Außenbordverschluss). Die am Ende der Kurbel des äußeren (linken) Ventils angebrachte Kugel ermöglichte eine Unterscheidung vom inneren durch Ertasten auch bei Dunkelheit

Die Fundamentbolzen des Steuerborddiesels sind durch die Wucht der Explosionen abgeschoren worden, auch die beiden Verdichter im E-Maschinenraum wurden von ihren Sockeln gerissen. Die Hauptlenzpumpe sowie zahlreiche anderen der insgesamt 19 Pumpen auf einem Boot des Typs VII C sind ausgefallen ebenso wie die beiden Sehrohre, die gesamte elektrische Anlage des Bootes, die Funkanlage sowie Magnet- und Kreiselkompass. Als Folge des Aufpralls ist die vordere Trimmzelle undicht geworden, das vordere Tiefenruder ist beschädigt und dadurch extrem schwergängig, anders als U 96, das von seinem zweimaligen Aufsetzen auf den Meeresgrund keine weiteren Beschädigungen davontrug. (S. 657)

Der Druckkörper von UA ist zwar noch intakt und hält den Wasserdruck in 280 m Tiefe stand, aber über die zahlreichen Wassereinbrüche ist eine große Menge Wasser ins Boot gelangt und sammelt sich in der Bilge des E-Maschinenraumes. Um den Versuch zu machen, das Boot vom Grund zu lösen, muss dies gelenzt werden um das Gewicht zu verringern. Dazu wird das Wasser zunächst von der Besatzung mit Eimern und sonstigen großen Gefäßen per Menschenkette aus der Bilge des E-Maschinenraums in die der Zentrale gemannt. Von dort soll es mit der Handlenzpumpe in die Regelzelle gepumpt werden, um von dort mit Pressluft außenbords gedrückt zu werden. Dieses Verfahren wird dadurch nötig, dass die Lenzpumpen des Bootes in der Tiefer von 280 m durch den Wasserdruck nicht mehr arbeiten. (S. 667ff)
Regelzellen werden an Bord eines U-Bootes dazu benötigt, das Gewicht des Bootes so zu regeln, dass es der druckfesten Unterwasserverdrängung entspricht, dass es also bei Tauchfahrt weder Auf- noch Abtrieb besitzt. Dies geschieht über fein dosierbares Fluten bzw. Lenzen dieser Zellen. Da sie dabei nur teilweise gefüllt sind, müssen sie innerhalb der druckfesten Unterwasserverdrängung liegen, bei einem Typ VII C als druckfeste Zellen in den Satteltanks. Bei solch einem dieselbetriebenen U-Boot, das längere Fahrten unternimmt, verändert sich das Gewicht des Bootes während der Fahrt durch den Verbrauch von Vorräten wie Proviant, Frischwasser, Kraftstoffen, Motorenöl und anderen Verbrauchstoffen. Das Gewicht verschossener Torpedos wird von separaten Zellen innerhalb des Druckkörpers, die zusammen genommen ungefähr den gleichen Inhalt wie die Regelzellen haben, kompensiert. Die druckfeste Unterwasserverdrängung eines U-Bootes verändert sich durch Unterschiede der Dichte des ihn umgebenden Wassers sowie eine Volumenminderung durch den Wasserdruck beim Tieftauchen. In Bunkern außerhalb der druckfesten Unterwasserverdrängung auf Seewasser schwimmend gelagertes Treiböl verleiht einem getauchten U-Boot zusätzlichen Auftrieb. Schon früh im Roman schildert der Autor ebenfalls die Funktion der Regelzellen. (S. 54)

Angesichts des Gewichts der bei der Versorgung durch die Weser erhaltenen Vorräte ist auf UA von einem relativ geringen Füllstand der Regelzellen auszugehen, da im Wesentlichen nur der Ölauftrieb der gefüllten Treibölbunker zu kompensieren ist. Die Regelzelle von UA kann also das eingedrungene Wasser aufnehmen.

In einer Tiefe von 280 m ist die im Roman geschilderte Methode auf einem Typ VII C nicht nur technisch möglich, sondern tatsächlich die einzige, um größere Mengen eingedrungenen Wassers außenbords zu befördern. Sie ist tatsächlich eher als standardisierte Prozedur denn als rettende Eingebung des Leitenden anzusehen.

Auf dem Grund der Straße von Gibraltar hat die Eimerkette an Bord von U 96 nicht stattfinden müssen, sie basiert vielmehr auf Ereignissen während dessen 5. Unternehmung. Am Morgen des 05.07.1941 sichtete U 96 mitten im Atlantik einen auf das Boot zulaufenden Verband von 6 gegnerischen Schiffen, den es als Kriegsschiff mit starker Sicherung ansprach. Es konnte auf Sehrohrtiefe in eine günstige Schussposition gelangen und bei einer Zielentfernung von 3.000 m einen Fächer von vier Torpedos lancieren. Unmittelbar darauf wurde U 96 von drei Korvetten des Verbandes mit Wasserbomben attackiert. Diese waren sehr flach eingestellt und fielen zunehmend achteraus, so dass sie keine Beschädigungen am Boot verursachten. Aus ungeklärter Ursache drangen aber große Mengen Wasser über die Abgasklappen in das Boot ein. Das gesamte Wasser, das sich in den Regel- sowie Torpedozellen befand, wurde zur Gewichtskompensierung gelenzt, was zusammen mit dem Wassereinbruch eine Achterlastigkeit von 30° verursachte. Das Boot konnte nur mit E-Maschinen „Große Fahrt“ und den Tiefenrudern auf Tiefe gehalten werden. Bei dieser Lastigkeit konnten die Pumpen des Bootes das in den Dieselraum eingedrungene und dann in den E-Maschinenraum gelaufene Wasser nicht durch die Lenzleitung ansaugen und so musste die Besatzung von U 96 das Wasser mit einer Eimerkette von Hand zu Hand von der E-Maschinenraumbilge in die Zentralebilge beförden. Von dort wurde es mittels der Hilfslenzpumpe über die Regelzelle außenbords gepumpt. U 96 konnte der Wasserbombenverfolgung zwar entkommen, musste aber wegen dieser Maschinenstörung in seinen Stützpunkt zurückkehren.

Nach dem Stoppen der Wassereinbrüche sowie der Entfernung des Leckwasser aus der Bilge des E-Maschinenraumes nimmt die Besatzung weitere dringende Reparaturen, vor allem an der Antriebsanlage, vor. Das Boot verbringt so einen ganzen Tag auf dem Meeresgrund. Die Luft wird stetig schlechter, so dass die Besatzung von UA durch Kalipatronen, die das Kohlendioxid ausgeatmeter Luft binden, atmen und der Luft Sauerstoff zugesetzt werden muss. (S. 671) 24 Stunden nach dem Flugzeugangriff kann sich das Boot durch Anblasen der Tauch- und Regelzellen vom Meeresgrund lösen und auftauchen. (S. 741) Wie U 96 kann UA danach mehreren gegnerischen Sicherungsfahrzeugen über Wasser ausweichen und nach Westen in die offene See entkommen, um dann den Rückmarsch anzutreten. Statt der eigentlichen Heimatbasis St. Nazaire nimmt UA Kurs auf das näher gelegene La Rochelle. (S. 746ff)

Auf dem Rückmarsch trifft UA genau wie U 96 einen ca. 12.000 BRT großen spanischen Passagierdampfer, der angehalten wird, da seine Größe und Kurs ihn dem Alten verdächtig erscheinen lassen. Der weitere Verlauf dieser Ereignisse im Roman entspricht genau den Ereignissen der Begegnung von U 96 mit der Cabo de Hornos. UA schießt den Torpedo lediglich aus Rohr 1 und nicht aus Rohr 5 wie U 96. Von U 564 sind im Buch U 564 auf Feindfahrt: 70 Tage an Bord von Lawrence Paterson Fotos einer recht ähnlichen Situation überliefert und im Vergleich damit erscheint die Schilderung des Kapitäns an Bord des U-Bootes durchaus plausibel. Das KTB von U 96 liefert keine Anhaltspunkte, für ein Fehlverhalten des I. WO, wie es im Roman beschrieben wird. (S. 767ff)

Am Aufnahmepunkt der Sicherungsfahrzeuge vor La Rochelle trifft UA auf ein ebenfalls einlaufendes Kameradenboot. Nach dem Austausch von Erkennungssignalen per Signalpistole stellt sich heraus, dass dieses ist im Gegensatz zu UA im Stützpunkt angemeldet ist, weswegen man sich entschließt, gemeinsam einzulaufen. Um 06.15 Uhr erhält das Kameradenboot einen Minentreffer, der es zunächst manövrierunfähig und tauchunklar macht. UA bleibt an der Wasseroberfläche in der Nähe des anderen Bootes, um diesem Flakschutz zu geben. Ungefähr eine Stunde nach dem Minentreffer werden die Boote von einem viermotorigen Bomber vom Typ Halifax angegriffen. Die Maschine landet einen Volltreffer auf dem Kameradenboot, das augenblicklich sinkt. UA dreht auf die Untergangsstelle zu um im Wasser treibende Überlebende aufzunehmen. 28 Überlebende können von UA, das um 08.30 Uhr vom Geleitschutz aufgenommen wird, geborgen werden. (S. 800ff)

In den frühen Morgenstunden des 12.08.1944 traf das aus dem besetzten Brest kommende U 309 unter dem Kommando von ObLt.z.S. Hans-Gert Mahrholz bei einem Ansteuerungs- und Geleitaufnahmepunkt vor La Rochelle auf das von ObLt.z.S. Günther Keller kommandierte U 981. Die beiden Boote sollten gemeinsam von Geleitschiffen aufgenommen werden und in La Rochelle einlaufen. Um 04.15 Uhr erhielt U 981 einen Minentreffer, der es manövrierunfähig und tauchunklar machte. Um 06.20 Uhr flog eine britische Halifax die beiden Boote an. U 981 konnte inzwischen wieder mit den E-Maschinen langsame Fahrt laufen. Es erhielt einen weiteren Minentreffer und wurde noch von einem weiteren zweimotorigen gegnerischen Flugzeug angegriffen. Nachdem es mit den Dieseln noch einmal auf Große Fahrt gegangen war und sich die noch lebenden Besatzungsmitglieder retten konnten, versank es um 06.43 Uhr. U 309 steuerte sofort zur Untergangsstelle um die Überlebenden aufzunehmen. Insgesamt konnten 40 Männer von U 981 gerettet werden. Lothar-Günther Buchheim, der auf U 309 zur Evakuierung aus dem von den Alliierten besetzten Brest eingeschifft war, machte Eindrucksvolle Aufnahmen der Rettungsaktion, die er später auch in seinen Büchern veröffentlichen sollte.

Gerade als UA in der Schleuse von La Pallice festmacht, kommt es zu einem schweren Luftangriff englischer Bomber und Jäger. Der Erzähler schafft es durch diesen Bombenangriff durch zum relativ nahe gelegenen U-Boot-Bunker zu gelangen und dort Zuflucht zu finden. Er erblickt mehrere verwundete Angehörige der Besatzung von UA. Die ebenfalls 7 m dicke Decke des U-Boot-Bunkers von La Pallice wird von einer großen Bombe durchschlagen, so dass ein mehr als 3 m großes Loch entsteht. Als der Erzähler den Bunker unmittelbar nach dem Angriff wieder verlässt, erblickt er in der Schleuse nur noch den Bug des gesunkenen UA sowie Leichen von Besatzungsmitgliedern bzw. Geretteten des Kameradenbootes. Der sich in der Nähe der Schleuse aufhaltende Alte erliegt offenbar gerade seinen schweren Verletzungen. (S. 817ff)

Weblink:

Literatur:

Quelle:

  • KTB von  U 309 vom 03.-12.08.1944
  • Technische Unterlagen zum Typ VII C im U-Boot-Archiv

 

Text: Kai Steenbuck – Foto: Kai Steenbuck

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