Das Ende von Prien
Die Versenkung von U 47 (Typ VII B) und das Ende von Günter Prien
Der Zweite Weltkrieg war erst wenige Wochen alt, als es U 47 unter KptLt Günter Prien in einer wagemutigen Operation gelang, in den britischen Flottenstützpunkt Scapa Flow auf den Orkney Islands einzudringen und am 14.10.1939 das dort auf Reede liegende Schlachtschiff der Royal Navy, Royal Oak, zu versenken. Über dieses Geschehen sind zahlreiche Bücher, Artikel, auch ein Spielfilm (1958) erschienen und der Empfang der Besatzung von U 47 in der Reichskanzlei in Berlin nur wenige Tage später füllte die Titelseiten der damaligen Zeitungen.
Günter Prien wurde als erstem Angehörigen der Kriegsmarine das Ritterkreuz verliehen und er wurde mit seiner Besatzung bald zu einem der erfolgreichsten U-Bootkommandanten der ersten Kriegsjahre: Am Ende hatte er mit U 47 auf 10 Unternehmungen und insgesamt 238 Tagen in See 30 Schiffe mit rund 160.000 BRT Gesamttonnage versenkt und 8 weitere mit rund 60.000 BRT Gesamttonnage beschädigt.
Damit gehörte Prien zu den U-Boot-Assen der Kriegsmarine. Prien wurde natürlich von der Propaganda der nationalsozialistischen Führung Deutschlands zu einem der großen Kriegshelden in jenen ersten Kriegsjahren erkoren. Doch auch er und seine 44-köpfige Besatzung musste schon bald das Schicksal der tödlichen Versenkung erleiden, wie so viele seiner U-Bootkameraden. Die genauen Umstände der Versenkung sind bis heute nicht aufzuklären gewesen und werden es vermutlich auch nie werden.
Als Versenkungsdatum von U 47 wird allgemein nur die Nacht vom 07. auf 08.03.1941 angenommen und als Versenkungsort ein Seegebiet rund 30 sm südlich von Island, sehr wahrscheinlich beim Einsatz gegen den westwärts laufenden Konvoi OB 293, nachdem U 47 am 05.03.1941 zusammen mit 6 anderen U-Booten (U A/ U 70/ U 95/ U 98/ U 108/ U 562) zunächst einen Vorpostenstreifen gegen den Konvoi OB 292 gebildet hatte.Die letzte Meldung von U 47 wurde am 07.03.1941 um 04.54 Uhr deutscher Zeit abgegeben, dabei erfolgte keine Erwähnung von irgendwelchen Verfolgungen oder Beschädigungen.
Unser Freund Jak Mallmann-Showell hat in seiner jüngsten Veröffentlichung „U-Boats Attack!“ neuere Untersuchungen zum vermutlichen Ende von U 47 vorgelegt und dabei insbesondere die verbreitet angenommene Versenkung des Bootes durch den britischen Zerstörer HMS Wolverine schlüssig in Frage gestellt, zumal die Positionen aller zu dieser Zeit in dem fraglichen Seegebiet anwesenden U-Boote gut nachzuvollziehen sind. Danach verfolgte U 47 ab 06.03.1941 mit einigen anderen deutschen U-Booten (U 37, U 70, U 99, U A) den alliierten Konvoi OB 293. HMS Wolverine, ein weiterer Zerstörer (HMS Verity) und die beiden Korvetten (HMS Camelia und HMS Arbutus) aus der Konvoi-Sicherung nahmen bei schlechten Sichtverhältnissen den Kampf gegen die deutschen U-Boote auf, am Ende war damals aber nur teilweise festzustellen, wer von den Sicherungsfahrzeugen tatsächlich welche U-Boote verfolgt und dabei auch U 47 erfolgreich bekämpft hatte.
Die Royal Navy jedenfalls war schnell dabei, HMS Wolverine die Versenkung des gefürchteten U 47 öffentlich zuzusprechen, vermutlich auch veranlasst durch eigene nachrichtendienstliche Erkenntnisse und die Meldungen des Deutschen Rundfunks über das Vermißtsein des U 47 und dessen berühmtem Kommandanten im fraglichen Seegebiet, auch weil der Status „vermißt“ für U 47 noch für längere Zeit in der Öffentlichkeit aufrechterhalten wurde.
Erst am 23.05.1941 bestätigte dann das Oberkommando der Wehrmacht über den Rundfunk den nun anzunehmenden Totalverlust von U 47. Mallmann-Showell kommt zu dem Schluss, dass HMS Wolverine mit einiger Wahrscheinlichkeit längere Zeit U A unter Kptlt. Hans Eckermann verfolgt hat und dieser am 18.03.1941 Lorient nur noch mit schweren Beschädigungen erreichen konnte. Wenn es also nicht HMS Wolverine gewesen sein kann und auch die anderen Sicherungsfahrzeuge keine beobachteten Treffer an den geschätzten Positionen von U 47 erzielt haben, ist eine weitere Möglichkeit des Untergangs von U 47, Opfer der eigenen Torpedos geworden zu sein. Wie in anderen Fällen auch, hatten einige der von U 47 verwendeten Torpedo-Typen auch die unangenehme Eigenschaft, nach dem Abschuss bei Nichtauffinden des gewählten Zieles durch ihre automatischen Suchlaufverfahren unter unglücklichen Umständen am Ende tatsächlich auch das eigene Boot als Ziel aufzufassen.
Die lange währende Unsicherheit über die tatsächlichen Abläufe der Versenkung von U 47 erfuhr nach dem Krieg, vor allem in den 60er Jahren, neue Nahrung: Um diesen berühmten U-Bootfahrer und seine Besatzung entwickelte sich nämlich das Gerücht, dass diese nicht bei ihrem Einsatz gegen einen Konvoi vor Island gefallen seien, sondern wegen der nachweislichen Beschwerden von Prien über die Zuverlässigkeit der U-Boottorpedos und den somit nicht zu verantwortenden Einsätzen der U-Boote, angeblich aber auch einer weitergehenden Kritik an der Führung, einschließlich Adolf Hitler selbst, verhaftet worden und in einem KZ umgekommen seien.
Einige Gerüchte versteigen sich sogar zu der Behauptung, Prien wäre nach dem Krieg noch lebend gesehen worden. Es gibt, wie so oft in solchen Fällen, mehrere angebliche Zeugen, die jedenfalls Prien und Männer seiner Besatzung nach dem gemeldeten Verlust von U 47 noch gesehen haben wollen. Ja, es gibt Zeugenaussagen von einer angeblich von den Alliierten beschlagnahmten Akte des Reichsjustizministeriums, die belegen würde, dass Prien vor ein Kriegsgericht gestellt worden sein und zusammen mit Teilen seiner Besatzung in das KZ Torgau (dort wäre er angeblich noch im Frühjahr 1942 gesehen worden) und später in das Moorlager Ersterwegen bei Papenburg im Emsland gebracht worden sein, letzteres würde angeblich durch weitere Zeugenaussagen von Mithäftlingen bestätigt. Weitere Nahrung erhielten die Gerüchte durch die im Krieg tatsächlich erfolgten Meldungen der BBC aus London (dazu wird der bekannte Kriegs-Propagandist des deutschen Dienstes von BBC, Sefton Delmer, genannt), wonach Prien und seine Besatzung wegen Befehlsverweigerung (angebliche Weigerung, mit schlecht ausgerüstetem U-Boot auf Feindfahrt zu gehen) in einem KZ inhaftiert seien, alle wären degradiert und aus der Wehrmacht entlassen worden.
Fazit:
Während die tatsächliche Versenkung von U 47 unter Günter Prien mit großer Sicherheit belegt werden kann, auch wenn dazu weiterhin Indizien und Annahmen herhalten müssen, können die Mythen um die angebliche Verurteilung von Prien und seinen Männern mit anschließender Gefangenschaft in einem KZ wegen Befehlsverweigerung und/ oder anti-nationalsozialistischer Äußerungen wegen der Beweislage um die Versenkung von U 47 klar als Unsinn abqualifiziert werden, auch wenn dahinter möglicherweise redliche Absichten stehen.
Ähnlich wie bei solchen militärischen Berühmtheiten, wie z.B. Feldmarschall Rommel, können auch im Fall Prien Interessen identifiziert werden, die nur durch Indizien und Annahmen zu belegende Versenkung von U 47 zu nutzen, dessen Kommandanten und gefeierten Kriegshelden Günter Prien weiterleben zu lassen und ihn im kurzer Zeit zu einem erbitterten Gegner der politischen und militärischen Führung des national-sozialistischen Deutschlands werden zu lassen, der dann von einem grausame Regime, mit Rache belegt, schmählich im KZ endete.
Literatur:
- Leserbriefe Preussische Allgemeine Zeitung
- Jak Mallmann-Showell: U-Boats Attack!, Spellmount, Strout 2011
- Rohwer/ Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939-1945, Stalling, Hamburg 1968
Websites:
Text und Bildmaterial – Deutsches U-Boot-Museum