Das Eiserne Kreuz

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am Turm von U 9

U 9 war eines der ersten U-Boote, das für die Kriegsmarine gebaut wurde. Seine Indienststellung erfolgte am 21. August 1935, in Kiel bei der Germaniawerft. Der erste Kommandant von U 9 war Kapitänleutnant Hans-Günther Looff. U 9 gehörte zu den sogenannten „Einbäumen“ vom Typ II B und hatte eine Wasserverdrängung von nur nur 279 t aufgetaucht und 328 t unter Wasser, seine Länge war 42,7 m, seine Breite 3,9 m, die Geschwindigkeit aufgetaucht war bis zu 13 kn, unter Wasser 7 kn, die Reichweite war 3.100 sm bei 8 kn. Es hatte drei Bugtorpedorohre und es waren bis zu 5 Torpedeos an Bord. Die Besatzung umfasste 25 Mann.

p225_1_00Das Eiserne Kreuz des I. Weltkrieges durfte als Wappen neben dem Leichten Kreuzer Emden als einziges U-Boot nur U 9 führen. Dieses Recht war ihm als Traditionsboot des legendären SM U 9 aus dem Ersten Weltkrieg mit seinem berühmten Kommandanten Otto Weddigen eingeräumt worden. SM U 9 stieß auf seiner 3. Feindfahrt am 22. September 1914 in den Hoofden am östlichen Eingang zum Englischen Kanal auf mehrere britische Panzerkreuzer, die sich zur Deckung britischer Truppentransporte nach Flandern dort aufhielten. Innerhalb von 75 Minuten gelang es, drei dieser Panzerkreuzer, nämlich die HMS Aboukir, die HMS Cressy und die HMS Hogue durch Torpedos zu versenken.

Einen solchen Erfolg durch ein U-Boot hatte die deutsche Marineführung bis dahin niemals erwartet. Diese Tat gab daher der Entwicklung im deutschen U-Boot-Bau und dem Stellenwert des U-Bootkrieges im Ersten Weltkrieg erheblichen Auftrieb. Otto Weddigen erhielt am 25. Oktober 1914 das „Pour le Merite“, die damals höchste deutsche Tapferkeitsauszeichnung. Kaiser Wilhelm II. zeichnete darüber hinaus SM U 9 in besonderer Weise aus. Per Kaiserlichem Dekret erhielt das U-Boot das Recht, an seinem Turm dass Eiserne Kreuz als Bootswappen zu führen. SM U 9 überlebte den Ersten Weltkrieg und wurde gemäß Waffenstillstandsvertrag am 26. November 1918 an Großbritannien ausgeliefert. Das Boot wurde ab Mai 1919 in Morecambe abgebrochen.

p225_1_01Nach einem Erlass des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, sollte nun auch das zweite U 9 an beiden Seiten seines Turmes ein Eisernes Kreuz mit den Initialen des Ersten Weltkrieges führen. U 9 verblieb von der Indienststellung bis zum 31. Dezember 1939 als Schul- und Frontboot bei der U-Flottille „Weddigen“, die ab 01. Januar 1940 in 1. U-Flottille umbenannt wurde. Die weiteren Kommandanten von U 9 nach Hans-Günter Looff waren bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Werner von Schmidt und Ludwig Mathes. Kurz nach Kriegsbeginn übernahm dann Max Schulte das Kommando, ab Dezember 1939 dann Wolfgang Lüth.

 

Kapitän z.S. Wolfgang Lüth
Kapitän z.S. Wolfgang Lüth

Dieser führte mit U 9 bis Juni 1940 als Kommandant insgesamt 6 Unternehmungen durch, dabei konnte er mit seiner Besatzung 7 Schiffe mit insgesamt 15.699 BRT sowie ein französisches U-Boot versenken. Nach Wolfgang Lüth waren bis April 1942 Wolfgang Kaufmann, Joachim Deecke und Hans-Joachim Schmidt-Weichert Kommandanten von U 9. Unter Wolfgang Kaufmann wurde U 9 wieder als Ausbildungsboot bei der 24. U-Flottille in Memel eingesetzt, um dann im November 1940 als Schulboot zur 21. U-Flottille nach Pillau in Ostpreußen zu kommen. Im Winter 1941/42 stimmte das Oberkommando der Marine der Verlegung von sechs U-Booten des Typs II B, sowie von Schnellbooten und Räumbooten in das Schwarze Meer zu, um der fast uneingeschränkten Seeherrschaft der Sowjetunion dort besser begegnen zu können.

Seit dem Frühjahr 1942 liefen die Vorbereitungen für die Verlegung von U 9, U 19 und U 24 an, so dass die drei Boote am 18. April 1942 in Kiel außer Dienst gestellt und anschließend überführt werden konnten. U 18, U 20 und U 23 sollten am 26. August der ersten Bootsgruppe nachfolgen. Aus diesen sechs U-Booten wurde die 30. U-Flottille im rumänischen Hafen Konstanza gebildet.

Auch das U-Boot mit den „Eisernen Kreuzen“ wurde außer Dienst gestellt, um auf abenteuerlichen Wegen nach Konstanza am Schwarzen Meer gebracht zu werden. Von Pillau aus ging es für U 9 zunächst nach Kiel, wo das Boot fast völlig demontiert wurde. Anschließend wurde es, eingelagert in einem Trägerponton, im Schlepp von Kiel durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal nach Hamburg und dann weiter der Elbe aufwärts bis Dresden-Übigau verbracht. Dort, am Kreuzungspunkt von Elbe und Autobahn, zog man den Druckkörper über eine Slipanlage an Land und lud diesen auf die für den Überlandtransport bereitstehenden Kuhlemeyer-Transporter.

Die 32 sehr niedrigen und breiten Vollgummireifen dieses Spezialfahrzeuges konnten mühelos bis zu 60 Tonnen aushalten. Als Zugmaschinen dienten Kaelble-Traktoren und Faun-Maschinen. Mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h bewegte sich der U 9-Transport über die Autobahn nach Ingolstadt. Hier an der Donau, endete die Land-reise für das U-Boot, das dort erneut auf den Schwimmträger umgesetzt wurde. Danach ging es die Donau ab-wärts bis nach Linz, wo der Druckkörper aufgerichtet und der Teileinbau der aus Gewichtsgründen in Kiel demon-tierten Inneneinrichtungen erfolgte. Die Restarbeiten sollten dann von deutschen Werftarbeitern in der Donau-werft in Galatz / Rumänien ausgeführt werden. Nach der Wiederzusammensetzung wurde U 9 am 28. Oktober 1942 erneut von Hans-Joachim Schmidt-Weichert in Galatz in Dienst gestellt. Bereits am folgenden Tag ging es im Schlepp, von Donaulotsen geführt, nach Sulina am Ende des Donaudeltas.

p225_1_03Aus eigener Kraft lief U 9 dann die ersten Seemeilen im Schwarzen Meer dicht unter der rumänischen Küste südwärts, begleitet von einem deutschen Luft- und Seegeleit. Endziel war Konstanza, wo U 9 am 30. Oktober 1942 festmachte. Unter Oberleutnant zur See Hans-Joachim Schmidt Weichert führte das Boot sechs erfolglose Unternehmungen im Schwarzen Meer durch. Am 16. September 1943 übernahm Oberleutnant zur See Heinrich Klapdor das Kommando auf U 9. Er führte das Boot auf vier Unternehmungen. Am 31. März 1944 gelang es der Besatzung von U 9, bei einem Angriff sowjetischer Flieger auf den Hafen von Feodosia eines der angreifenden „IL-2“-Schlachtflugzeuge in Brand zu schießen, dessen Absturz von Besatzungsangehörigen beobachtet wurde.

Bei diesem Angriff wurde der Kommandant Heinrich Klapdor durch Bombensplitter verwundet, worauf der I. Wachoffizier, Wolf-Dietrich Dehrmann, U 9 in Vertretung übernahm und das Boot über Jalta nach Sewastopol brachte. Hier übernahm, ebenfalls in Vertretung, Oberleutnant zur See Martin Landt-Hayen das Kommando über U 9 und verlegte es zurück nach Konstanza . Am 07. April 1944 übernahm Oberleutnant zur See Klaus Petersen das Boot. Auch er führte U 9 in Vertretung auf der nächsten Unternehmung vom 26. April bis 28. Mai 1944.

p225_1_05Während dieser Unternehmung kam es am 05. Mai 1944 zu einem Feuergefecht mit einem sowjetischen Fischkutter, der mit der 2-cm-Fla-Kanone und einem MG in Brand geschossen werden konnte. Am 11. Mai feuerte U 9 einen T-5 „Zaunkönig“-Torpedo auf einen kleinen Geleitzug und beobachtete danach eine gewaltige Torpedo-detonation auf dem Küsten-Minensuchboot Shtorm, der das 412 Tonnen-Boot schwer beschädigte. Sechs Tage später feuerte U 9 einen Torpedo-Zweierfächer auf einen sowjetischen Tanker und beobachtete zwei Treffer, die jedoch ohne Wirkung blieben. Am 25. Mai 1944 feuerte U 9 einen weiteren T-5 „Zaunkönig“-Torpedo auf einen kleinen U-Jäger, der von zwei Motorkanonenbooten begleitet wurde.

Nach 11 Minuten 34 Sekunden hörte man an Bord des U-Bootes eine Torpedodetonation und wiederum eine halbe Stunde später konnten durch das Sehrohr nur noch die beiden kleinen Motorkanonenboote ausgemacht werden. Nach dieser Unternehmung übernahm der von seiner Verwundung genesende Heinrich Klapdor wieder das Kommando über sein Boot und führte es von 15. Juli bis 11. August 1944 auf einer weiteren, allerdings erfolglosen Unternehmung vor die Kaukasus-Küste.

Am 20. August 1944 erfolgte ein Großangriff sowjetischer Kampfflugzeuge auf Konstanza, an dem mehr als 140 sowjetische Schlacht- und Jagdflieger beteiligt waren. Dabei sank U 9 nach einem schweren Bombentreffer im U-Stützpunkt an der Pier. Nach dem Abzug der deutschen Truppen aus Rumänien erfolgte die erste Bergung durch den sowjetischen Marine-Havariedienst der die einmarschierten Truppen der Roten Armee begleitete, be-reits am 22. Oktober 1944. Infolge der Überbelegung der Docks und die für eine Bergung noch nicht vorhandenen Mittel, wie Hebeschiffe und Trägerpontons, wurde entschieden, U 9 zunächst an eine Flachwasserstelle vor den Hafen zu bringen und dort vorübergehend auf Grund zu setzen.

Ende 1944 wurde U 9 von den Sowjets das zweite Mal geborgen und eingedockt! Nach der Reparatur und einer nachfolgenden technischen Überprüfung entschied die dafür zuständige Kommission, dass U 9 auf der UdSSR-Schwarzmeer-Werft in Nikolaev in der heutigen Ukraine wieder hergestellt werden sollte. Auf Befehl des Volkskommissariats der Sowjetflotte wurde das U-Boot am 19. April 1945 in den Schiffsbestand der „Roten Flotte“ aufgenommen. Zugleich erhielt das ehemalige U 9 die Bezeichnung TC-16.

p225_1_04Nach Abschluss der Arbeiten wurde TC-16 (ex U 9) nach Sewastopol verlegt und der sowjetischen U-Boot-Lehrdivision zuge-teilt. Doch bereits am 25. November 1945 wurde TC-16, nach einer Entscheidung des Seekriegsstabes der Schwarzmeerflotte, wegen seiner Untauglichkeit für Kampfhandlungen, vermutlich fehlte es aber auch an den nötigen Ersatzteilen, aus der Schiffsbestandsliste der „Roten Flotte“ wieder ausgegliedert und am 12. Dezember 1946 zum Abwracken freigegeben. Ebenfalls schienen die beiden „Eisernen Kreuze“ am Turm von U 9 der Verschrottung zum Opfer gefallen sein. In den ersten Nachkriegsjahrzehnten konnte nichts über ihren Verbleib in Erfahrung gebracht werden. Nur durch einen Zufall hörte 50 Jahre später der Autor Gerd Enders im Rahmen seiner Nachforschungen über die deutschen U-Boote im Schwarzen Meer, dass sich ein „Eisernes Kreuz“ von U 9, neben anderen Beutewaffen und Ausstellungsstücken, sich im Marinemuseum Sewastopol befände und dort aufbewahrt werde.

Gerd Enders, der Autor der Bücher: „Auch kleine Igel haben Stacheln“ und „Deutsche U-Boote zum Schwarzen Meer“, konnte somit den Beweis antreten, dass zumindest noch ein „Eisernes Kreuz“ von U 9 vorhanden war. Dem im Sewastopol ausgestellten „Eisernen Kreuz“ fehlten allerdings die „Kaiserkrone“ am oberen Kreuzflügel und das „W“ in der Mitte des Kreuzes. Vermutlich waren diese Initialen von sowjetischen Behörden aus politischen Gründen beseitigt worden. Trotzdem handelt es sich bei dem im „Marinemuseum Sewastopol“ ausgestellten „Eisernen Kreuz“, um eines an der Turmseite von U 9 angebrachten Eisernen Kreuze. Das zweite „E.K.“ dürfte wahrscheinlich für immer verschollen bleiben.

Text Hans-Joachim Röll – Fotos: Deutsches U-Boot-Museum

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