Die Versenkung von U 171
Nach erfolgreicher erster Unternehmung Minentreffer kurz vor dem Einlaufen in Lorient
U 171 war ein Langstreckenboot vom Typ IX C, das am 17. Juni 1942 unter seinem Kommandanten, Kapitänleutnant Günther Pfeffer, zu seiner 1. Unternehmung von Kiel auslief. Nach einem kurzen Zwischenstopp am 18. Juni zur Brennstoffergänzung in Kristiansand verließ das Boot am folgenden Tag den norwegischen Hafen. U 171 marschierte, ohne besondere Vorkommnisse durch die Färöer-Enge in den Nordatlantik.
Am 05. Juli traf U 171 mitten im Nordatlantik im Marineplanquadrat CC 3682 auf die „Milchkuh“ U 460, die unter dem Kommando von Fregattenkapitän Friedrich Schäfer stand, um von diesem Boot versorgt zu werden. Innerhalb von vier Stunden und zwanzig Minuten übernahm U 171 von dem U-Versorger 63 Kubikmeter Brennstoff, Proviant für 24 Tage und 50 Kalipatronen, sowie Medikamente und verschiedene weitere Verbrauchsstoffe. Nach der Versorgung lief U 171 das eigentliche Operationsgebiet die Karibische See an.
Am 20. Juli marschierte das Boot durch die Windward-Passage zwischen den karibischen Inseln Kuba und Hispaniola und dann entlang der Südküste Jamaikas vorbei an der mexikanischen Halbinsel Yucatan, um drei Tage später sein eigentliches Operationsziel vor der texanischen Küste zu erreichen.
Am 26. Juli stand U 171 an der US-amerikanischen Südküste vor Galveston, als das U-Boot einen Frachter entdeckte und angriff. Die ersten beiden Torpedos gingen fehl, vom zweiten Torpedo-Doppelschuss traf ein Torpedo schließlich den mexikanischen Dampfer Oaxaca mit 4.351 BRT. Der Frachter sackte schnell weg und ging in dem flachen Küstengewässer auf Grund. Die Oaxaca hatte Zeitungspapier, Soda und Stückgut, für den Bestimmungsort Veracruz, geladen. Von der 45-köpfigen Besatzung fanden beim Untergang ihres Schiffes sechs Seeleute den Tod, die übrigen wurden gerettet. Die Oaxaca war übrigens der frühere deutsche Handels-dampfer Hameln, der am 01. April 1941 von Mexiko konfisziert wurde.
Nach dieser ersten Versenkung operierte U 171 weiter östlich nun im Bereich der Mississippi-Mündung. Am 28. Juli schoss das Boot zwei Torpedos auf den Tanker City of Richmont, von denen einer durch Frühzündung detonierte, der zweite war ein Fehlschuss. Dennoch setzte Günther Pfeffer zur Verfolgung des Tankers an, der dann aber U 171 entkommen konnte.
Am 01. August flog eine „Widgeon“- Maschine, der 212. Squadron von der US-Küstenwache Aufklärung über dem Mississippi-Delta, als der Pilot White und sein Funker Boggs ein deutsches U-Boot erkannten. Das Boot war U 171, das auch das Flugzeug gesichtet hatte und das Tauchmanöver eingeleitet hatte. Mitten in den Tauchstrudel des U-Bootes warfen die Amerikaner eine 150-Kilogramm-Bombe. Der Funker des Flugzeuges sagte später aus, dass er eindeutig einen Treffer und das Sinken des U-Bootes beobachtet hatte. Das Flugzeug kreiste noch über eine Stunde um die Abwurfstelle der Bombe, dabei wurden auch Ölspuren entdeckt, das den Verdacht der beiden Flieger, ein U-Boot versenkt zu haben, noch weiter erhärtete.
Tatsächlich, schrieb man nach dem Krieg, dem US-Flugzeug die Versenkung von U 166, das ebenfalls vor der Mississippi-Mündung operierte, zu. Erst 60 Jahre später stellte sich heraus, dass U 166 nicht von einem Flugzeug, sondern durch den US-U-Jäger PC-566 versenkt worden war – und das eigentlich angegriffene U 171 konnte den Fliegerangriff fast unbeschadet entkommen.
Im Gegenteil, am 13. August konnte das Boot im Mississippi-Delta den amerikanischen Tanker R.M. Parker Jr. mit 6.779 BRT versenken. Vom ersten Zweierfächer detonierte nur ein Torpedo, der zweite Schuss ging fehl. Anschließend ließ der Kommandant noch weitere vier Torpedo-Fangschüsse auf den Tanker los, von denen weitere drei Torpedos trafen. Der Tanker sank nun rasch. Doch hier betrug die Wassertiefe nur 35 Meter, weshalb wohl noch ein Stück vom Bug aus dem Wasser ragte, als das U-Boot den Ort des Geschehens verließ. Die R.M. Parker Jr. fuhr im Ballast und war auf dem Weg von Baltimore nach Port Arthur. Die Besatzung des Tankers, 44 Mann, konnte vollzählig gerettet werden. Da dem Kommandanten Günther Pfeffer die Gewässer vor Galveston und vor dem Mississippi-Delta zu flach waren, zudem sich zunehmend die Luftüberlegenheit am Tage verstärkte, verlegte er nun sein Operationsgebiet vor die mexikanische Küste in die Nähe von Tampico.
Am 04. September feuerte U 171 einen Doppelschuss auf einen Tanker, denen das Schiff ausmanövrieren konnte. Der zweite Doppelschuss aus den beiden Heckrohren ging ebenfalls fehl. Noch einmal fiel ein Zweierfächer, aber auch diesmal trafen die Torpedos nicht. Nach dem Nachladen der Torpedos ließ Kommandant Pfeffer einen weiteren Torpedo aus einem der Heckrohre los – und dieser traf den Tanker, der nun rasch an Geschwindigkeit verlor. Es brauchte aber noch drei weitere Torpedo-Fangschüsse bis der Tanker, es war die mexikanische Amatlan mit 6.511 BRT, sank. Von der Besatzung, insgesamt 34 Mann, fanden zehn Seeleute den Tod.
Die Amatlan war auf dem Wege nach Tampico, als sie vor die Torpedorohre von U 171 geriet, immerhin waren insgesamt10 Torpedoschüsse erforderlich, um den Tanker endgültig zu versenken, von denen allein 6 Fehlschüsse waren. Mit nur noch zwei Torpedos an Bord, trat U 171 am 05. September den Rückmarsch an, der durch die Mona-Passage in den Atlantik verlief.
Auf dem Rückmarsch traf U 171 in der Mitte des Nordatlantiks auf den U-Boot-Versorger U 461, das unter dem Kommando von Kapitänleutnant Wolf-Harro Stiebler stand. Von diesem Boot übernahm U 171 Proviant für drei Wochen und 23,5 Kubikmeter Brennstoff, danach setzte das Boot den Rückmarsch nach Lorient fort. Anfang Oktober 1942 durchquerte U 171 die Biskaya und stand gegen Mittag des 09. Oktober etwa sechs Stunden vor dem Einlaufen in Lorient.
Was dann geschieht, geht aus dem Bericht des Kommandanten Günther Pfeffer über dem Untergang von U 171 hervor:
Gemäß meiner Funkmeldung sollte ich am 09. Oktober um 16.00 Uhr auf Punkt „Lucie 2“ zur Aufnahme durch ein Geleit stehen. Seit gut sieben Tagen hatte ich kein „Besteck“ mehr und bekam bereits gegen 11.47 Uhr Land in Sicht. Gegen 13.00 Uhr hatte ich wieder sicheren Standort durch Landpeilung und vorherigen Morsespruchverkehr mit einem Vorpostenboot. Gegen 13.30 Uhr stand ich auf „Lucie 2“, mit Kurs 100 Grad. Voraus sah ich einen Sperrbrecher. Durch Morsespruchverkehr stellte ich fest, dass dieser noch nicht mein Geleitschutz war, aber das Geleit für mich im Anmarsch sei. Seit ungefähr einer Stunde waren um den Horizont bis zu fünf deutsche Flugzeuge in verschiedenen Entfernungen zum Boot zu sehen, darunter eine „Ju-52“ mit Minenräumgerät. Unter anderen wurde ich auch von dieser wiederholt im Abstand von cirka 50 Meter passiert. Tauchen kam hier, wegen der geringen Wassertiefe, für mich nicht mehr in Frage.
Ich ließ die Brücke seeklar machen und gab Erlaubnis zum Betreten der Brücke zunächst für vier Mann, später mehr. Als ich nach Kopplung auf „Lucie 2“ stehen musste, entschloss ich mich, bis zur Aufnahme durch das Geleit in der Nähe auf- und abzustehen, mit Zickzackkurs und halber Fahrt. Gegen 13.40 Uhr drehte ich nach Backbord, ging auf 280 Grad und kurz danach auf mittlerer Fahrt. Kurz nachdem der Kurs anlag, erfolgte eine Detonation im Vorschiff, nachdem unmittelbar vorher die „Ju-52“ uns im geringen Abstand passiert hatte. Ich vermutete einen Minentreffer und befahl: „Beide Maschinen stopp!“ Ich glaubte im ersten Moment, dass Boot noch halten zu können, jedoch das „Stoppkommando“ ist nicht bis in die Maschine gelangt. Ich hörte die Diesel weiterlaufen und befahl: „Alle Mann aus dem Boot“, als ich erkannte, dass das Boot jetzt Lastigkeit bekam. Gleich hinterher folgte meine Ruf: „Alle Mann außenbords!“ Ich hörte wie der Leitende Ingenieur Kapitänleutnant (Ing.) Otto Dingeldein, der ebenfalls auf der Brücke stand, rief: „Schwimmwesten hoch!“ Sekunden später wiederholte er den Ruf noch einmal – und hinterher: „Alle Mann außenbords“, zu befehlen. Etwa zur gleichen Zeit sah ich, dass das Bug-Torpedoluk auf war und zwei Mann darin steckten. Ich rief darauf mehrere Male: „Luk dicht“ und unterstrich dieses durch energische Handbewegungen.
Das Boot wurde jetzt schnell vorlastig, das Luk ging zu und das Boot schnitt unter die Wasseroberfläche. Das Turmluk wurde von mir nicht zugeworfen, da noch Leute hochkamen. Als dann die Vorkante der Brücke unterschnitt, ging ich außenbords. Das Heck des Bootes ragte noch aus dem Wasser und ich hörte die Diesel noch laufen. Als ich jedoch beim Schwimmen nach einigen Sekunden wieder die Wasseroberfläche erreichte, war vom Boot nichts mehr zu sehen. Soweit möglich, versuchte ich an die im Wasser Schwimmenden durchzugeben, dass alles zusammenbleiben sollte, um das Auffinden zu erleichtern. Auf Vorschlag des I. WO Albert Kneip schwammen wir auf die Ile de Croix zu. Nach meiner Schätzung wurde ich nach ungefähr einer Stunde durch ein Boot, des inzwischen herangekommenen Sperrbrechers 134 Falke aufgefischt.
Durch die Boote des Sperrbrechers 134 und weitere Vorpostenbooten konnten 30 Mann lebend und 1 Toter geborgen werden. Aber 21 Mann blieben vermisst, von denen noch zwei im Wasser schwimmend gesehen worden sind.
Ein weiterer Bericht des Oberfähnrichs Kurt Lau, der sich beim Untergang von U 171 noch länger im Boot befand.
Die gefährliche Biskaya hatten wir ohne Feindberührung durchquert. Am Mittag des 09. Oktobers 1942 stand U 171 am Treffpunkt zur Geleitaufnahme etwa 50 Seemeilen vor Lorient. Da kein Geleitfahrzeug für uns eintraf, das U 171 sicher nach Lorient geleiten sollte, entschied sich der Kommandant zum Weitermarsch ohne Geleit. Gegen 13.40 Uhr lief das Boot in Sichtweite der Insel Ile de Croix vor Lorient auf eine Magnetmine.
Durch die langen 16 Wochen in See war die Entmagnetisierung des Bootes wirkungslos geworden. Das Boot sank innerhalb einer knappen Minute auf etwa 40 Meter Wassertiefe. Auf der Brücke befanden sich zu der Zeit, etwa zwanzig Mann, die Kapitänleutnant Pfeffer wegen der bewussten Minengefahr bereits auf Deck geholt hatte. Außerdem ließ er wegen der drohenden Luftgefahr die Fla-Waffen besetzen.
Als die Mine detonierte, starben im Diesel- und E-Maschinenraum 17 Männer. Da die Diesel beim Unterschneiden noch liefen, sogen sie die Luft aus dem Dieselraum, der E-Maschine und dem Heckraum. Die Kameraden waren wohl sofort tot. Irgendein Zentraleheizer hatte die Zu- und Abluftklappe vom Achterschiff geschlossen, sonst wären die Überlebenden in der Zentrale und Vorschiff auch nicht mehr unter den Lebenden gewesen. Im Vorschiff befanden sich sechzehn Überlebende. Außer drei Mann hatten alle Tauchretter um. Chlorgas aus dem vorderen Batterieraum erschwerte den Männern das Atmen.
Nach etwa einer Stunde war das Vorschiff soweit geflutet, dass der Druckausgleich möglich war. Da die Torpedomündungsklappen klemmten, kam ein Ausstieg nur noch durch das Torpedo-Übernahmeluk in Frage. Mechaniker-Hauptgefreiter Sauter stemmte sich gegen das Luk und es gelang ihm es zu öffnen. Aus dem Boot herausdringende Luft riss das Luk auf und das herein strömende Wasser schlug es wieder zu, was solange andauerte, bis die letzte Luft aus dem Boot entwichen war. Dann tauchten die Männer, aus dem auf Grund liegenden U 171 auf, davon drei ohne Tauchretter.
Ein Seemann war aus ungeklärter Ursache im Boot geblieben. Ein Mann starb nach dem Auftauchen, an Kali-Verätzung durch Wasser im Tauchretter. Drei weitere Seeleute wurden Tage später tot an Land gespült.
Nach dem Auftauchen der noch elf Überlebenden befanden sich bereits drei Vorpostenboote und der Sperrbrecher 134 Falke an der Untergangsstelle von U 171 und hatten ihre Kutter zur Rettung ausgesetzt.
Der Kommandant und die Männer, die sich bei der Minenexplosion bereits an Deck und auf der Brücke befanden und nach dem U 171 untergeschnitten war, hilflos im Wasser trieben, waren bereits von den Vorpostenbooten aus dem Wasser gefischt und gerettet worden. Das Gros der Überlebenden der 52köpfigen Besatzung von U 171 bildete die neue Besatzung von U 170, das dann am 19. Januar 1943 auf der Seebeckwerft in Geestemünde in Dienst gestellt wurde.
Fazit
U 171 aber liegt heute noch rund 50 Seemeilen vor Lorient auf Position 47°39,5′ N / 03°34,8’W im ehemaligen Marineplanquadrat BF 6173. Zentrale und Achterschiff mit Diesel, E-Maschine und Heckraum von U 171 liegen noch fast unversehrt auf 40 Metern Tiefe, während das Vorschiff durch die von der französischen Marine durchgeführten Sprengungen der Torpedos zerstört wurde. Die Sprengung des letzten Torpedos von U 171 durch die Franzosen erfolgte am 10. Januar 1995.
Text: Hans-Joachim Röll – Bilder: Deutsches U-Boot-Museum