Der Verlust von U 33

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Der Verlust von U 33 und die Verschlüsselungswalzen der Enigma

Die kurze Einsatzzeit von U 33 war geprägt von zwei Einsätzen in den Gewässern Großbritanniens und der Biskaya im Jahre 1939.

Die zweite Unternehmung begann am 29. Oktober 1939. Dieses Mal hatte der Kommandant den Befehl eine Minensperre im Bristol-Kanal zu legen. Am 09. November, zwischen 03.15 und 04.28 Uhr, legte er die Sperre, bestehend aus zwölf Minen. Anschließend operierte U 33 bei den Hebriden und vor North Foreland, wo es innerhalb von zwei Tagen fünf britische Fischdampfer mit Artillerie versenkte.

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Kapitänleutnannt Hans-Wilhelm von Dresky Kommandant von U 33 – gefallen 12.02.1940Die erste Unternehmung führte das Boot unter seinem Kommandanten, Kapitänleutnant Hans-Wilhelm von Dresky, in das Operationsgebiet westlich von Irland und in die Biskaya, wo es zwei Schiffe mit insgesamt 5.627 BRT versenken konnte. Auf dem Rückmarsch nach Wilhelmshaven versenkte es bei den Hebriden den britischen Fischdampfer Caldew, mit Artillerie. Während dieser Unternehmung wurde das Boot zwei Mal von britischen Flugzeugen angegriffen, konnte aber jedes Mal rechtzeitig abtauchen.

Am 23. November traf U 33 auf den niederländischen Frachter Bussum. Vergeblich forderte von Dresky das Schiff durch Flaggensignale zum Stoppen auf. Dresky konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass es sich bei dem Schiff um das deutsche Frachtschiff Borkum handelte, dass am 18. November durch britische Streitkräfte in der Nordsee aufgebracht worden war. Die Prise erhielt kurzerhand von den Briten den Namen Bussum und weitere niederländische Kennzeichen, dann schickte man das Schiff mit englischer Prisenbesatzung nach Kirkwall auf den Orkneys.

Nachdem das Schiff auf die Anrufe von U 33 nicht reagierte, ließ ihn Dresky durch einige Granaten vor dem Bug stoppen. Als das Schiff plötzlich wieder Fahrt aufnahm und auf das U-Boot zudrehte, befahl von Dresky direkt zu feuern. Dabei wurden mehrere Treffer erzielt und das Schiff begann zu brennen U 33 tauchte nun zum Unterwasserangriff, schoss drei Torpedos, die aber sämtlich fehlgingen. U 33 tauchte wieder auf, feuerte noch vier Granaten in die Wasserlinie. Der Frachter brannte, war völlig in Qualm gehüllt und wurde von der Besatzung verlassen. Auf U 33 war man der Meinung, das Schiff würde schon sinken und verließ den Ort des Geschehens. Tatsächlich konnten die Briten die Borkum aber einbringen. Der Dampfer hatte aber erhebliche Schäden, konnte nicht mehr repariert werden und wurde abgewrackt.

p318_1_01Auf der von U 33 gelegten Minensperre im Bristol-Kanal ging der britische Frachter Stanholm mit 2.473 BRT und der Motortanker Inverdargle mit 9.456 BRT verloren. Am 26. November 1939 kehrte U 33 nach Wilhelmshaven zurück, wo es gleich zur Generalüberholung in die Westwerft verholte.

Am 05. Februar 1940 verließ U 33 Wilhelmshaven zu seiner dritten und verhängnisvollen, letzten Unternehmung. Den 42 Männern auf U 33 hatte der BdU persönlich eine verwegene Aufgabe zugeteilt. Sie sollten wieder Minen legen, diesmal aber in einem der wichtigsten Seewege der Briten, in die Mündung des Clyde an der schottischen Westküste vor Glasgow.

Die Route führte das Boot nordwärts durch die Nordsee, dann westlich in den Atlantik, um sich dann dem eigentlichen Ziel zuzuwenden. Die Atmosphäre an Bord war gespannt, während sie südwärts durch einen gewaltigen Atlantikorkan fuhren. Die Mannschaft wusste um die Gefahr, die auf sie zukommen würde, als das Boot am Abend des 11. Februar in den Clyde eindrang. Hier war der wichtigste Ankerplatz der Alliierten an der Atlantikküste. Endlich, gegen Mitternacht zum 12. Februar erreichten U 33 in Tauchfahrt den Clyde. Für viele Männer an Bord des U-Bootes war es eine Erleichterung, hörte doch endlich das seekrank machende Rollen der riesigen Atlantikwellen auf.

Zur gleichen Zeit patrouillierte auch das britische 830 BRT verdrängende Minensuch – und U-jagdboot HMS Gleaner unter dem Kommando von Lieutenant Commander Hugh Price im Clyde. Das Aufklärungsgebiet des Kriegsschiffes umfasste ein Suchdreieck im Süden von Arran bis zum nördlichen Punkt dem Pladde-Leuchtturm.

Um 02.50 Uhr hatte HMS Gleaner den ersten Sonarkontakt mit U 33. Auf Befehl des britischen Kommandanten, bereitete sich die 80 Mann starke Besatzung in Windeseile für den kommenden Kampf vor.

Indienststellung von U 33 am 25.07.1936
Indienststellung von U 33 am 25.07.1936

Innerhalb weniger Minuten waren die 4-Inch-Kanonen und die Wasserbombenwerfer einsatzbereit, die Mannschaft stand auf den Gefechtsstationen. Auch auf U 33 stand die Besatzung auf ihren Stationen und von Dresky reagierte schnell. Mit einigen Ruderbefehlen brachte er das U-Boot erst einmal aus der Gefahrenzone. Über Wasser begann nun für HMS Gleaner eine lange nervenaufreibende Suche, um ihr Ziel noch einmal zu lokalisieren. Eine halbe Stunde später, als die britischen Seeleute an Deck schon nicht mehr an das Finden ihres entdeckten Zieles glaubten, zeigte der Ruf des Sonarspezialisten am Asdic-Gerät ihnen an, dass sie wieder Kontakt mit dem deutschen U-Boot hatten. Der Scheinwerfer flammte auf, sein suchender Strahl fing bereits nach wenigen Sekunden den weißen Schaumstreifen mit dem dazu gehörenden Sehrohr auf. Noch während HMS Gleaner Fahrt aufnahm verschwand das Periskop von der Wasseroberfläche, aber um 03.36 Uhr wurde das Ruder herum gelegt und das Fahrzeug drehte unverzüglich auf Steuerbord, um dem Objekt direkt zu folgen, währenddessen die Maschinentelegraphen auf „volle Fahrt“ gestellt wurden.

Um 03.40 Uhr befand sich HMS Gleaner über dem Ziel, das Asdic hielt U 33 fest im Griff. Punkt 03.53 Uhr wurden vier Wasserbomben geworfen, nach deren Detonationen zeitweilig wieder der Kontakt verloren ging. Der I. Wachoffizier von U 33, Oberleutnant zur See Karl Vietor, berichtete später, dass die Wasserbomben dicht über dem Boot detoniert hatten. Alle Lichter an Bord des U-Bootes erloschen, einige Instrumente wurden zerstört und es entstanden zahlreiche kleinere Lecks. Das Notlicht wurde angeschaltet. Bald würde die Druckluft verbraucht sein und der LI, Kapitänleutnant (Ing.) Fritz Schilling, riet dem Kommandanten aufzutauchen und zunächst mit Höchstfahrt von dieser Stelle abzulaufen. Aber Kapitänleutnant von Dresky entschied sich dafür, mit dem Boot vorerst still am Grund liegen zu bleiben. Später soll er von den überlebenden Offizieren für diese Entscheidung kritisiert worden sein. Aber was sollte von Dresky anderes tun, er hätte HMS Gleaner kaum angreifen können, denn die Bugtorpedorohre von U 33 waren mit Minen geladen, nur ein Torpedo steckte noch im Hecktorpedorohr.

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Frühjahr 1939 – U 33 in Spanien

Um 04.12 Uhr fuhr die Gleaner einen zweiten Angriff, diesmal warf man aber nur eine Wasserbombe. Ein dritter Angriff folgte um 04.40 Uhr mit einer Serie von fünf Wasserbomben, die auf 35 bis 50 Meter eingestellt waren. Daraufhin ging wieder der Kontakt verloren und die Gleaner suchte mit zwölf Seemeilen Fahrt die Wasseroberfläche mit dem Suchscheinwerfer ab. Plötzlich, es war 05.22 Uhr, war das deutsche U-Boot über Wasser im hellen Strahl des Scheinwerfers gefangen.

Sofort eröffneten die 4-Inch-Geschütze der Gleaner das Feuer, aber nach fünf Granaten verstummten sie wie-der. HMS Gleaner drehte zum Rammstoß, im selben Augenblick erkannte man, dass sich die Besatzung des U-Bootes an Deck versammelte, mit über den Köpfen erhobenen Händen. Das Ruder wurde „hart Steuerbord“ gelegt, bis die Gleaner parallel mit U 33 lag, in nur etwa 250 Metern Entfernung.

Es war genau 05.30 Uhr als eine leichte Explosion das U-Boot erschütterte, ein Funkenregen schleuderte aus dem Turm und die bereits an Deck befindliche Besatzung verließ das Boot und sprang ins kalte Wasser. Später wurde bekannt, dass der Kommandant eine Sprengladung zwischen die Geheimunterlagen platziert, die Walzen der „Enigma“- Verschlüsselungsmaschine unter einigen Besatzungsmitgliedern verteilt und den Befehl gegeben hatte, diese Walzen irgendwo ins Meer – weit weg vom Boot – zu versenken. Schließlich betrug die Wassertiefe an der Stelle, wo U 33 sinken würde, nur ungefähr 55 Meter. Das U-Boot begann auch sofort nach der Explosion über den Bug in einem Winkel von 40° zu sinken und verschwand fast geräuschlos nach einigen Sekunden von der Wasseroberfläche.

Die Backbordboote von HMS Gleaner wurden zu Wasser gelassen und zu den Überlebenden von U 33 geschickt. Die beiden Steuerbordboote konnten vorerst nicht zu Wasser gelassen werden, da Gleaner selbst rasch nach Lee driftete und es einige Zeit dauerte, bis sie wieder Fahrt aufnehmend auf eine Gruppe Überlebender zusteuerte. Das Meer war rau und die Ruderboote konnten kaum Fahrt gegen die See machen. Ein Offizier und acht Mannschaftsdienstgrade des U-Bootes wurden von den Booten der Gleaner gerettet. Der inzwischen eingetroffene Trawler Floradora konnte einen Offizier aufnehmen und ein anderer Trawler, die Bohemian Girl, nahm zwei Offiziere und acht Mannschaften auf, von denen zwei aber schon bei der Rückfahrt des Trawlers starben. Der Zerstörer HMS Kingston fischte weitere 22 Männer aus dem Wasser, von denen aber nur noch zwei lebten. So überlebten insgesamt nur vier Offiziere und dreizehn Mannschaftsdienstgrade von der 42 Mann starken Besatzung von U 33. Die meisten, darunter auch der Kommandant Hans-Wilhelm von Dresky, starben an Erschöpfung und Unterkühlung.

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Die 17 Überlebenden wurden in Glasgow der Polizei übergeben, von dort nach London zum Verhör und anschließend in einen Kriegsgefangenenlager gebracht. Die gefallenen Besatzungsmitglieder von U 33 wurden in einem gemeinsamen Grab auf dem Friedhof Greenock bei Glasgow unter militärischen Ehren beigesetzt und später auf den deutschen Soldatenfriedhof in Cannock-Chase in Staffordshire überführt.

Das Wrack von U 33 liegt heute noch im Firth of Clyde auf Position 55°21,29′ Nord und 05°01,41′ West in zirka 53 Metern Tiefe.

 Erst Jahrzehnte später, nachdem die Briten den Schleier der Geheimhaltung gelüftet hatten, wurde bekannt, dass die Briten in den Taschen von Besatzungsmitgliedern von U 33 drei Verschlüsselungswalzen gefunden hatten. Die Royal Navy schickte daraufhin Taucher zum Wrack von U 33, die einige Versuche unternahmen ins Wrack zu gelangen. Die Tauchversuche blieben aber wegen der außergewöhnlich starken Strömung im Clyde recht riskant. Es ist nicht bekannt, ob damals überhaupt irgendwas aus dem Wrack herausgeholt und sicher gestellt wurde. Sicher ist jedenfalls, dass den Engländern drei „Enigma“- Verschlüsselungswalzen in die Hände gefallen waren. Für die Briten was der erste Schritt auf dem Weg zur Dechiffrierung deutscher Funksprüche, einem der wesentlichen Erfolge im Seekrieg 1939-1945.


Text: Hans-Joachim Röll, Bilder: Deutsches U-Boot Museum

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