U-Boote in Spanien

Home / U-Boote in Spanien

U-Boote der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg in Spanien und Portugal

Millionen haben im berühmten Film (6 Oscar-Nominierungen, 1 Golden Globe Auszeichnung) von Wolfgang Petersen von 1981 „Das Boot“ die Versorgung des U-Bootes U 96 durch das deutsche Spielfilm-Handelsschiff Weser im spanischen Hafen von Vigo Ende 1941 mitverfolgt.

Hieraus haben sich ein weiteres Mal ein Fülle von Berichten, aber auch etlichen Mythen um die absichtliche oder lagebedingte Nutzung spanischer und portugiesischer Häfen und Territorialgewässer durch U-Boote der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg entwickelt. Am häufigsten werden dabei bis heute die angeblichen, ja sogar in Felsen unterirdisch und unter Wasser eingerichteten Versorgungsstützpunkte für deutsche U-Boote auf den spanischen Inseln Mallorca und Fuerteventura gepflegt.

Nachfolgend soll nun dargestellt werden, wann, wo und wie tatsächlich U-Boote der Kriegsmarine in Spanien, einschließlich der Balearen (ab Oktober 1941 operierten deutsche U-Boote auch im Mittelmeer), Kanaren und spanischen Besitzungen in Nordafrika, sowie in Portugal, einschließlich der Inselgruppen Madeira, Azoren und Kapverden gewesen sind.

Der völkerrechtliche Status von Spanien und Portugal im Zweiten Weltkrieg

Spanien unter dem Regime des General Francesco Franco und Portugal unter der Regierung von António de Oliveira Salazar haben sich im Zweiten Weltkrieg bekanntlich für neutral erklärt, die allerdings mit wechselnder Ausprägung.

Spanien verkündete am 04.09.1939 eine „strikte Neutralität“, die sich nach dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreichs am 22.06.1940 in eine pro-deutsche „Nichtkriegführung“ wandelte, um dann mit den zunehmenden alliierten Erfolgen (beginnend mit der alliierten Landung „Operation Torch“ im frz. Nordafrika am 08.11.1942) spätestens ab Januar 1944 in eine den Alliierten gegenüber wohlwollende „wachsame Neutralität“ überzugehen.

Am 16.09.1940 reiste der spanischen Außenminister Serrano Suñer nach Berlin und am 23.10.1940 gab es im französisch-spanischen Grenzort Hendaye sogar ein Treffen Franco-Hitler. Beide Treffen führten aber nicht zu einem Kriegseintritt Spanien auf Seiten der Achsenmächte, Spanien blieb dann bis 1944 bei seiner Haltung der selektiven Kooperation. Am 12. und 13.02.1941 traf sich auch Mussolini in Bordighera mit Franco, was ebenfalls zu keiner grundlegenden Änderung der Haltung Spaniens gegenüber den Achsenmächten führte. Das Deutsche Reich auf der anderen Seite beließ es nur bei Plänen, Spanien, einschließlich der strategisch wichtigen Kanaren und Gibraltar militärisch zu besetzen. Zeigte also die Versorgung von deutschen Kriegsschiffen, vor allem U-Booten, in spanischen Häfen in den ersten Kriegsjahren eine offene Kooperation des Franco-Regimes mit dem Deutschen Reich, wurde diese Haltung dann zunehmend restriktiver und führte ab Ende 1944 schließlich zur völligen Verweigerung Spaniens zum Einlaufen deutscher U-Boote in spanische Häfen.

Portugal unter Salazar hatte sich bei Beginn des Zweiten Weltkrieges für neutral erklärt, das galt auch für seine atlantischen Inselgruppen Madeira, Azoren und Kapverden. Trotz der politischen Nähe zum benachbarten Spanien unter Franco gab es seitens Portugal in keiner Phase des Zweiten Weltkrieges eine erkennbare militärische Unterstützung deutscher U-Bootoperationen, auch nicht, wie im Fall Spaniens, durch wohlwollende Duldung von Versorgungsmanövern in portugiesischen Häfen und Gewässern. Dabei hatten die Kapverden, insbesondere aber die Azoren, eine erhebliche militärstrategische Bedeutung sowohl für die Achsenmächte als auch die Alliierten, nämlich zur Unterbindung bzw. Gewährleistung ausreichenden Nachschub- und Verstärkungsverkehrs über den Atlantik.

Anders als Spanien wandelte sich die ursprünglich strikt neutrale Haltung Portugals zügig zu einer aktiven Unterstützung der Alliierten, bemerkenswert z.B. die Aufnahme von rund 2.000 aus dem britischen Gibraltar evakuierter Menschen 1940 auf Madeira. Ab Juli 1941 unternahm schließlich die portugiesische Luftwaffe mit von Großbritannien überlassenen Flugzeugen Seeraumüberwachungsflüge gegen die deutsche U-Bootbedrohung des alliierten Schiffsverkehrs vom Fliegerhorst Lajes auf den Azoren aus. Und, Verhandlungen führten ab 17.08.1943 und 28.11.1944 schließlich zur Stationierung von britischen bzw. US-Amerikanischen Luftwaffenverbänden auf zwei Fliegerhorsten sowie Nutzungsrechte von zwei Häfen auf den Azoren für alliierte Kriegsschiffe.

Deutsche Kriegspläne

Die iberische Halbinsel und die überseeischen Besitzungen seiner beiden Staaten erfuhren größere Aufmerksamkeit in der politischen und militärischen Führung des Deutschen Reichs erst im Zusammenhang mit der atlantischen Seekriegführung gegen die Alliierten, verstärkt dann durch die wachsende Notwendigkeit der Unterstützung des Achsen-Partners Italien im Mittelmeerraum. Bei Portugal wurde dessen Neutralitätserklärung im Wesentlichen respektiert, nur dessen atlantischen Inselgruppen gewannen größeres Interesse, führten aber über erste Vorstellungen hinaus zu keinen besonderen politischen und militärischen Aktivitäten.

Bei Spanien lagen die Dinge anders, denn hier meinte man auf die so massiv demonstrierte Unterstützung von Franco im spanischen Bürgerkrieg bauen zu können, so dass es hier zu jahrelangen politischen Bemühungen kam, Franco zum Kriegseintritt auf Seiten der Achsenmächte zu bewegen, zumindest aber eine aktive militärische Kooperation zu erreichen. Wie oben dargestellt, konnte Franco weder von Hitler noch Mussolini zu einem Kriegseintritt bewegt werden. So führte die Bedeutung der iberischen Halbinsel und die atlantischen Besitzungen der beiden Staaten zu Überlegungen und ersten Plänen auf der deutschen Seite, z.B. die Führerweisung Nr. 18 v. 12.11.1940 und z.B. die Planungen für Unternehmen „Felix“ oder „Isabella“ zur selektiven Besetzung durch die Wehrmacht zur Unterstützung der Kriegführung gegen die Alliierten im Atlantischen und Mittelmeerraum. Spätestens mit der Konzentration auf die Kriegführung im Osten wurden diese Pläne aber schon ab Frühjahr 1941 wieder aufgegeben.

Die Befehlslage des B.d.U.

Auf die erklärte Neutralität von Spanien und Portugal ist in den Ständigen und anderen Befehlen des B.d.U. mit Ausbruch des Krieges hingewiesen worden. Im Fall Spanien gab es aber aufgrund der besonderen Beziehungen zu dem Land nach der massiven Unterstützung Francos im spanischen Bürgerkrieg vom Sommer 1936 bis Frühjahr 1939 die klare Erwartung für eine logistische Unterstützung der U-Booteinsätze in spanischen Häfen. Schon vor Ausbruch des Krieges wurden entsprechende Verhandlungen begonnen, die am Ende zur Schaffung eines eingeschränkten Depotsystems für Treibstoff und Proviant in El Ferrol, Vigo und Cadiz führte, mit allerdings unsicherer Nachversorgung durch die spanische Seite.


Motorschiff "Max Albrecht" in Vigo
Motorschiff „Max Albrecht“ in Vigo

So wurde zur Gewährleistung der angestrebten Versorgungskapazitäten zumindest für die ersten Kriegsjahre erreicht, dass deutsche Handelsschiffe als Versorger in den drei spanischen Häfen stationiert werden durften, Ähnliches wurde dann auch für Las Palmas auf den Kanaren erreicht. Die Operationsführung des B.d.U. berücksichtigte dann diese Versorgungspunkte in seiner Planung.

In Fall Portugal sind keinerlei Planungen des B.d.U. für Versorgung seiner U-Boote in diesem Land und seinen überseeischen Besitzungen bekannt geworden. Interessant aber die Anweisung des B.d.U. v. 25.09.1941 an U 68 zu einem Versorgungsmanöver (Torpedoübernahme) mit U 111 in der Tarafal-Bucht der Insel St. Antonio der portugiesischen Kapverdischen Inseln.

Übersichten

Die nachfolgenden Übersichten zeigen in vier Kategorien (Versorgung, Notreparaturen, Sonderaufträge, Aufgabe des Bootes mit Internierung) wann und unter welchen Umständen U-Boote der Kriegsmarine in spanische und portugiesischen Gewässer und Häfen eingelaufen sind.

Übersicht 1: Versorgungsmanöver

Motorschiff "Bessel"
Motorschiff „Bessel“

Die Übersicht verdeutlicht, dass es in Spanien von 1940 bis 1942 zu zahl-reichen geduldeten Versorgungsmanövern in dortigen Häfen (genauer: Reeden) für deutsche U-Boote aus dortigen deutschen Handelsschiffen gekommen ist. Hierzu waren bereits vor Kriegsausbruch deutsche Handelsschiffe in ausgewählte spanische Häfen verlegt worden …
u.a. die Thalia (1.122 BRT), Bessel (1.878 BRT), Max Albrecht (5.824 BRT), Corrientes (4.656 BRT) und phasenweise die Charlotte Schliemann (7.747 BRT), wobei in der Literatur über die U-Bootversorgung in spanischen Häfen oft zu Verwechslungen zwischen der Corrientes (Deckname = „Lima“) und Charlotte Schliemann (Deckname = „Culebra“) kommt, da beide phasenweise in Las Palmas lagen. Insgesamt sind mindestens 23 solcher geplanten Versorgungsmanöver nachgewiesen. Nur in zwei Fällen ist das absichtliche Einlaufen in portugiesische Territorialgewässer bei den Kapverdischen Inseln dokumentiert.

p301_1_02 p301_1_04

Übersicht 2: Notreparaturen

Diese Übersicht listet die bekannt gewordenen Fälle von Einlaufen deutscher U-Boote in spanische Territorialgewässer und Häfen auf, die in Folge von Kampfhandlungen dorthin ausweichen mussten, in einigen Fällen auch aktiv unterstützt durch spanisches Militär und Fischer. Für Portugal ist kein solcher Fall bekannt geworden.
p301_1_03 p301_1_05

Fazit:

Bewertet man die o.a. Tabelle vor dem Hintergrund der politischen und militärstrategischen Rahmenbedingungen, lässt sich eine aktive Nutzung von spanischen und portugiesischen Gewässern und Häfen durch U-Boote der Kriegsmarine für Zwecke der Nachversorgung nur für Spanien mit seiner geduldeten Kooperation, d.h. Duldung der U-Bootversorgung aus deutschen Handelsschiffen in spanischen Häfen/ Gewässern für die ersten Kriegsjahre bis Ende 1942 feststellen. Es sind in o.a. Übersicht mindestens 23 solcher Versorgungsunternehmen nachgewiesen. Darüber hinaus sind nur vereinzelte Fälle von aktiver Unterstützung deutscher U-Boote ausschließlich durch spanische Behörden und Versorgungseinrichtungen bekannt geworden.

Nach 1942 gab es nur lagebedingte Notfälle bis hin zur Aufgabe von U-Booten durch ihre Besatzungen in spanischen Gewässern und Häfen in Folge von Kampfhandlungen auf See. Im Fall Portugal lässt sich hingegen während des gesamten Zweiten Weltkrieges keinerlei wie auch immer geartete Kooperation zur Unterstützung deutscher U-Boote feststellen und es sind nur vereinzelte Fälle von lagebedingter Nutzung portugiesischer Ge-wässer durch U-Boote der Kriegsmarine überliefert.

Die dokumentierten Versorgungsmanöver beweisen auch, dass die angeblichen Versorgungseinrichtungen für deutsche U-Boote auf Fuerteventura und Mallorca Phantasiekonstrukte sind. Im Fall Mallorca reichen sogar ein-fachste geographische Kalkulationen, um festzustellen, dass weder logistisch noch operativ ein weiterer Stütz-punkt für deutsche U-Boote neben den bestehenden im Mittelmeer geboten war. Damit dürften die Mythen um eine zumindest phasenweise verdeckte oder offene Abstützung von U-Booten der Kriegsmarine auf spanische und portugiesische Häfen und Gewässer im Zweiten Weltkrieg ziemlich klar zu beantworten sein. Zudem war die Bedeutung der relativ geringen Anzahl von Versorgungsmanöver in den spanischen Häfen und Gewässern für die Operationsmöglichkeiten der U-Boote in den ersten Jahren des Krieges zur See absolut vernachlässigbar.

U 760 ab 1943 längsseits des spanischen Kreuzers Navarro in Vigo
U 760 ab 1943 längsseits des spanischen Kreuzers Navarro in Vigo

 

Quellen:
Deutsches U-Boot Museum: Kriegstagebücher des B.d.U. und von U 29, U 30, U 43, U 66, U 67, U 68, U 77, U 96, U 105, U 106, U 109, U 123, U 124, U 204, U 331, U 434, U 573, U 574, U 575, U 760, U 617, U 652, U 1277, U 977

Literatur:

  • Gröner, Erich, Jung Dieter: Die Deutschen Kriegsschiffe, Band 4, Handelsschiffe I, Werkstattschiffe, Tender, Begleitschiffe, Tanker und Versorger, Bernhard & Graefe Verlag, Koblenz 1986, ISB 3-763748032
  • Jung, Dieter, Maass, Martin und Wenzel, Berndt: Tanker und Versorger der deutschen Flotte 1900-1980, Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 978-3879437801
    Laforet, Jaime Rubin: Historia oculta de Canarias, Verlag lulu.com, Barcelona 1997, ISBN 978-84-604-4766-5
  • Mallmann-Showell, Jak: Deutsche U-Boote an feindlichen Küsten, Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 978-3613022447
  • Rohwer, Jürgen und Hümmelchen, Gerhard: Chronik des Seekrieges 1939-1945, Stalling-Verlag, Oldenburg 1968

Internet-links:
www.wikipedia.org
www.subsim.com/radioroom/showthread.php?t=189818&page=139 (in Englisch)
www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/km/versorgung/e-spanien.htm
histclo.com/essay/war/ww2/cou/island/ww2i-atl.html
www.u-historia.com/uhistoria/historia/inhistoria.htm (in Spanisch)
www.u-historia.com/uhistoria/historia/articulos/galicia/galicia.htm (in Spanisch)

Text und Tabellen: Peter Monte – Fotos: Deutsches U-Boot-Museum