Kaiserliche Marine II

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U-Boote der Kaiserlichen Marine bei Kriegsbeginn 1914 (Teil 2)

Die ersten Kriegsmonate

Eine Durchsicht der Logbücher und Kriegstagebücher sowie die Darstellungen von Verantwortlichen, wie dem ersten „Führer der U-Boote“ (F.d.U.), dem Ende August 1914 dazu ernannten Kommandeur der I. U-Flottille, Korvettenkapitän Wilhelm Bauer (siehe Literaturverzeichnis), zeigen, dass die verfügbaren U-Boote der Kaiserlichen Marine bis zum 01.08.1914 reinen Ausbildungsdienst zur Herstellung und Aufrechterhaltung einer definierten Einsatzbereitschaft durchführten und in ihren Friedensstützpunkten Kiel und Wilhelmshaven verblieben. Es gab in den letzten Tagen unmittelbar vor Kriegsbeginn auch keine erkennbaren Kriegsdislozierungen in bestimmte Seegebiete, z.B. um die britischen Inseln herum und auch keine Beschleunigung von laufenden Ausbildungs- und Bauprogrammen. Es gab aber einen Mobilmachungsplan für den Kriegsfall, der den U-Booten neue Einsatzhäfen und Einsatzaufgaben zuwies, die z.B. in der Nordsee das zügige Besetzen vorgeplanter Vorpostenlinien gegen mögliche Vorstöße der Royal Navy vorsahen.

Am Nachmittag des 30.07.1914 wurde allen militärischen Dienststellen und Einheiten der Befehl einer „Drohenden Kriegsgefahr“ übermittelt, die u.a. eine Aktivierung bestehender Mobilmachungspläne nach sich zog. Für die U-Boote der Kaiserlichen Marine bedeutete dieses, sofortige Vorbereitung zum Verlegen in die geplanten Einsatz-häfen. Die noch mit Petroleummotoren angetriebenen U-Boote der I. U-Flottille (U 5 bis U 18) hatten dazu von Kiel nach Helgoland zu verlegen. Und so geschah es auch, 9 U-Boote (U 5/ U 7/ U 8/ U 9/ U 10/ U 15/ U 16/ U 17 und U 18) verließen Kiel am 31.07.1914 um 03.00 Uhr morgens und machten am 01./02.08.1914 in Helgoland fest, U 13 trifft als Nachzügler am 04.08.1914 ein. Und auch die einsatzbereiten, ersten 4 Diesel U-Boote (U 19/ U 20/ U 21/ U 22) der in Aufstellung begriffenen II: U-Flottille verlegten von Wilhelmshaven nach Helgoland und waren dort alle bis zum 04.08.1914 versammelt. Die Einsatzbereitschaft der U-Boote musste aber dringend verbessert werden, so galt es zügig durch technische Veränderung an den Tauchzellen die aus Sicherheitsgründen bisher lange Zeit für den Tauchvorgang von 5-7 Minuten auf 1-2 Minuten zu verkürzen.

Aber auch das umständliche Einklappen der Funkmasten vor dem Tauchen und das Aufrichten nach dem Auftauchen bedeutete eine erhebliche Einschränkung der operativen Möglichkeiten für die U-Boote. Verbesserungen geschahen aber erst in der Folgezeit und es war bei Kriegsbeginn klar: Trotz der friedenmäßigen Gefechtsausbildung waren die U-Boote nicht so einsatzbereit, wie es ein echter Kampfeinsatz erfordern würde. So ging im August 1914 eine U-Bootwaffe mit etwas über 1.000 Mann an Personal bei rund 80.000 Männern der Kaiserlichen Marine insgesamt in den Krieg.

Der F.d.U., KKpt Wilhelm Bauer, in seinen Erinnerungen (siehe Literaturverzeichnis) und die KTB der betroffenen U-Boote (siehe Quellenverzeichnis) geben uns einen guten Überblick über das weitere Geschehen im U-Bootkrieg der ersten Kriegsmonate. So galt es, nach der formalen allgemeinen Mobilmachung in Deutschland am 01.08.1914 um 17.00 Uhr in Umsetzung des Mobilmachungsplans in der Nordsee zunächst rasch eine erste, nahe Vorpostenlinie von mehreren, weiter in der Nordsee hinaus zum Schutz der Deutschen Bucht geplante, zu besetzen, von denen die innere, nahe in einem Kreisbogen von Südwest über Nord bis Südost mit 29 sm Abstand von Feuerschiff Elbe 1 in der Deutschen Bucht südlich von Helgoland zur Besetzung durch 7-8 U-Boote ausgelegt war. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, wo sich das Deutsche Reich formal noch gar nicht im Kriegszustand befand, einen solchen aber offensichtlich aufgrund der „Verbündeten“-Konstellation (Deutschland und Österreich-Ungarn gegen die „Entente“-Mächte Großbritannien und Frankreich sowie Rußland) erwartete. Das Einnehmen von Vorpostenpositionen wurde auch bald nötig, denn nach der Kriegserklärung Österreichs gegen Serbien am 28.07.1914, der Teilmobilmachung Rußlands gegen Österreich am 29.07.1914 erklärte das Deutsche Reich am 01.08.1914 um 18.00 Uhr Rußland und am 03.08.1914 ebenfalls um 18.00 Uhr Frankreich den Krieg. Mit dem deutschen Einmarsch in Belgien erklärte dann Großbritannien am 04.08.1914 um 23.00 Uhr dem Deutschen Reich den Krieg. Damit war klar, die deutschen U-Boote hatten in der Nordsee vor allem die britische Royal Navy als Gegner und alles das, was in Studien gedacht und in Plänen niedergelegt worden war, sollte nun seine Verwirklichung erleben – und sich als wirksam oder aber wirkungslos erweisen.

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Am 06.08.1914 lief um 03.30 Uhr morgens die I.U-Flottille mit den verfügbaren U-Booten aus Helgoland aus und folgte einem gegenüber der Mobilmachungsplanung geänderten Operationsbefehl Nr. 1 v. 05.08.1914, der mit U-Booten die Nordsee in einer Breite von 70 sm aus der Deutschen Bucht heraus bis auf die Linie Orkney-Inseln nach Bergen zur Aufklärung gegen mögliche Einheiten und Verbände der Royal Navy „durchkämmen“ sollte, dabei waren sogenannte „Standlinien“ zu passieren, also eine West-Ost-Querabformation der in festgelegten Abständen nebeneinander mit nördlichem Kurs fahrenden 9 U-Boote, die Standlinie 1 östlich der Doggerbank 1 und die Standlinien 2 und 3 dann etwa auf halber Strecke zwischen den Orkney-Inseln und Südwestnorwegen bei Stavanger, Rückkehr sollte am 10.08.1914 sein. Am nördlichen Ende der Aufklärungsfahrt kam es vor der schottischen Küste auch zu den ersten Begegnungen mit der Royal Navy, in deren Verlauf U 13 und U 15 verloren gingen. Damit hatte der erste, vergleichsweise offensive Einsatz der U-Boote auch gleich Verluste erbracht.

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Karte aus „Der Krieg zur See 1914-1918/ Nordsee Band 1“, Karte 9


Die vier U-Boote der II. U-Flottille liefen am 08.08.1914 zu einem mehrtägigen Aufklärungseinsatz in Richtung Ostausgang Englischer Kanal bis auf eine Linie Maas Feuerschiff und Outer Gabbard Feuerschiff aus. Diese ersten Operationen deutscher U-Boote im Seekrieg 1914-1918 verdeutlichten aber auch die Suche nach einem möglichst nutzbringenden Einsatz der U-Boote, zumindest seitens der U-Bootführung, auf jeden Fall Verringerung der Bindung der wenigen verfügbaren U-Boote im sozusagen stationären Vorpostendienst.

Die weiteren Einsätze der U-Boote konzentrierten sich neben der Fortführung des Vorpostendienstes in der deutschen Bucht auf weitere Aufklärungsfahrten bis an die britische Ostküste. Dabei wurde immer klarer, dass die Royal Navy mit ihrer Grand Fleet keineswegs die entscheidende Schlacht mit der deutschen Hochseeflotte suchte, dafür aber massiv die Einrichtung und Überwachung einer Fernblockade in der nördlichen Nordsee und am Englischen Kanal betrieb. Der überraschende Vorstoß einer britischen Kampfgruppe aus mehreren Kreuzern, Zerstörern und 8 U-Booten am 28.08.1914 bis etwa 35 sm vor Helgoland endete bei nur geringen eigenen Verlusten (nur Kreuzer HMS Arethusa beschädigt, insgesamt 35 Gefallene) für die Kaiserliche Marine trotz aller Vorpostensicherung sehr verlustreich (Totalverlust der Kleinen Kreuzer SMS Köln, Mainz und Ariadne sowie des Torpedobootes V 187, insgesamt rund 712 Gefallene, 149 Verwundete und 381 Gefangene) und führte zu weiteren Einschränkungen für den Einsatz der deutschen Überwasserstreitkräfte, die deutschen U-Boote in der Deutschen Bucht konnte zudem nicht mehr zeitig genug in das Gefecht eingreifen. Dies zeigte erneut die Wichtigkeit der weiträumigen Aufklärung durch deutsche U-Boote und der gezielte offensive Ansatz gegen gegnerische Seestreitkräfte, auch um wirksamer gegen die beginnende britische Blockade vorzugehen, idealerweise sogar mit U-Booten eine gewisse Gegenblockade vor britischen Häfen zu etablieren. Diese wurde umso wichtiger, als Großbritannien nach der Sperrung des Englischen Kanals östlich der Linie Dover Calais durch Minen v. 02.10.1914 in völkerrechtswidriger Weise am 02.11.1914 die gesamte Nordsee zum militärischen Sperrgebiet („Military Area“) erklärte und damit faktisch das Deutsche Reich von jedem Handelsverkehr über See ausschloss.


KptLt Otto Hersing
KptLt Otto Hersing

Die Kriegsmonate bis Ende 1914 waren gekennzeichnet von weiteren Aufklärungsfahrten der U-Boote, nachdem seit 01.09.1914 der Vorpostendienst mit einzelnen U-Booten auf Station zugunsten eines Bereitschaftsdienstes durch 3-7 U-Boote nordwestlich Helgoland und 5-6 U-Boote vor der Emsmündung geändert wurde.

Wegen der Entwicklung im Ostseeraum mussten dann im September aber 3 neue Front-U-Boote in die Ostsee abgegeben werden, die erst 1915 (U 23 im Februar, U 25 im April und U 26 gar erst im August) zurückkehrten. So blieben im Endeffekt nur wenige U-Boote für die Fortführung der Aufklärung und des offensiven Einsatzes gegen britische Kriegsschiffe übrig. Diesen gelingen aber, zweifellos durch Glück begünstigt, spektakuläre Erfolge:

So versenkt U 21 am 05.09.1914 den britischen Kreuzer HMS Pathfinder und am 22.09.1914 gelingt U 9 innerhalb von weniger als 1:30 Stunde die Versenkung von gleich 3 britischen Panzer-kreuzern (HMS Aboukir, HMS Hogue und HMS Cressy). Damit zeigten die U-Boote schlagartig und nachhaltig ihre Effizienz im Seekrieg und bewiesen, dass man mit offensiven Vorstößen mehr erreicht als mit Festhalten am weitgehend stationären Sicherungsdienst auf Vorposten.

Bis Ende September 1914 führten die deutschen U-Boote immerhin 50 Unternehmungen durch und Anfang Oktober standen nunmehr 21 U-Boote für den Nordseekrieg zur Verfügung, neben den 12 älteren Petroleum-Boote bereits 9 neue Diesel-Boote mit ihrer besseren Seeausdauer. Vom 10. bis 20.10.1914 gelang U 20 auch erst-malig die Umrundung der britischen Insel und Irlands und am 20.10.1914 versenkte U 17 vor Stavanger das erste britische Handelsschiff, und dies streng nach Prisenordnung. Bis Ende 1914 verstärkten die U-Boote ihre Aufklärungseinsätze und operierten nun auch weiter vor der belgischen, französischen und britischen Kanalküste.

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SM U 9 (Foto: U-Boot Museum)

Am 31.10.1914 konnte U 27 vor Calais das britische Flugzeugmutterschiff HMS Hermes versenken. Und, am 09.11.1914 lief mit U 12 das erste deutsche U-Boot in den Hafen von Zeebrügge im inzwischen von der Kaiserlichen Armee besetzten Belgien ein, wo in der Folge dann ein deutscher U-Bootstützpunkt eingerichtet werden sollte. Der Dezember 1914 sah eine deutliche Zurückhaltung bei den Unternehmungen der U-Boote in der Nordsee, da die Verfügbarkeit von einsatzbereiten U-Booten und Besatzungen angesichts der bisherigen Einsätze und der erlittenen Verluste eine gewisse Konsolidierung der gesamten U-Bootwaffe erforderten, d.h. es hieß mit den verfügbaren Kräften „hauszuhalten“, wie es Bauer in seinen Erinnerungen nennt.

KptLt Otto Weddigen
KptLt Otto Weddigen

Im Übrigen ändert sich mit diesen Erfolgen die Einschätzung vom militärischen Nutzen dieser Waffe weit über die Marineführung hinaus, weckte aber auch neue Begehrlichkeiten, vor allem seitens der bislang völlig desinteressierten deutschen Heeresleitung. Solche Begehrlichkeiten konnten aber die U-Boote im Kampf gegen den Verstärkungs- und Nachschubverkehr über den Englischen Kanal für die Expeditionsstreitkräfte an der Landfront in Belgien und Frankreich nicht erfüllen, der praktisch ungestört ablief. Dies auch, weil der Kampf gegen Truppentransporter bislang in keinem Operationsplan für die U-Boote aufgenommen worden war. Am 27./28.09.1914 gelang U 18 trotz aller Sperren und Bewachung aber erstmalig der Durchbruch durch die Linie Dover-Calais, was in der Folge dann auch andere U-Boote schafften, erleichtert nach der deutschen Besetzung der belgischen Nordseeküste ab November 1914.

Insgesamt blieben größere Erfolge bis zum Jahresende 1914 aber aus. Ende 1914 hatten die U-Boote der Kaiserlichen Marine gerade 3 Handelsschiffe mit insgesamt 2.950 BRT und 9 Kriegsschiffe versenkt, aber 5 eigene U-Boote (U 13, U 15, U 11, U 18 und U 5) waren verloren gegangen, fast ein Fünftel von den bis zu diesem Zeitpunkt in der Nordsee eingesetzten U-Booten.

Damit galt es, auf dem nachgewiesen Wert der U-Boote im offensiven Einsatz aufzubauen und Lösungen für wirksamere Optionen im Seekrieg zu finden. Da die erhoffte große und entscheidende Seeschlacht zwischen den Hochseeflotten ausblieb und die britische Fernblockade der Nordsee zunehmend ihre Wirkung zeigte, nämlich Verfolgen der strategischen Optionen „Gegenblockade“ und „Handelskrieg“. Letztere bedeutete aber eine politische Billigung.

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SM U 9 (Foto: U-Boot Museum)

Mit der deutschen „Kriegsgebietserklärung“ vom 04.02.1915 für die Gewässer um Großbritannien und Irland, einschließlich des Englischen Kanals, gelang dem deutschen Admiralstab dann eine erste Lockerung der bisherigen Restriktionen für den Einsatz der U-Boote. Selbst ein Tirpitz hatte Ende 1914 überraschend seine Einstellung zum U-Boot als Waffe im Seekrieg geändert und sah in ihnen die wirksamste Waffe im Seekrieg gegen England, wenn sie weniger eingeschränkt Handelskrieg führen können. Mit dem „Befehl für die Durchführung des Handelskriegs“ vom 18.02.1915 schließlich sollten die U-Boote der Kaiserlichen Marine „Handelskrieg…mit allem Nachdruck führen“ und „Feindliche Handelsschiffe vernichten“, ein Hinweis auf eine einzuhaltende „Prisenordnung“ ist in diesem Befehl nicht mehr zu finden.

Wie gestaltete sich in dieser Zeit das Neubauprogramm für U-Boote? Ein wegen des Krieges beschleunigtes Neubauprogramm konnte bis Ende 1914 nur unter großen Schwierigkeiten initiiert werden, denn die Marinewerften waren mit dem Bau und der Instandsetzung der großen Überwasser-einheiten voll ausgelastet und die beiden U-Bootwerften (die Kaiserliche Werft in Danzig: Erhielt am 04.08.1914 den Bauauftrag für U 46 bis U 50, sowie die Germania-Werft in Kiel: Erhielt am 23.08.1914 den Bauauftrag für U 51 bis U 56) konnten mit Mühe das laufende Programm und die Neubestellungen erfüllen. So wurde der Bau von U-Booten auch auf andere Werften ausgedehnt. Am 06.10.1914 erhielt die AG Weser in Bremen den Auftrag für den Bau von U 57 bis U 62. Und schneller (Bauzeit: 4 Monate) zu bauende, kleinere U-Boote wurden in Auftrag gegeben: Am 15.11.1914 der Auftrag für UB 1 bis UB 8 an die Germaniawerft und am 15.10.1914 für UB 9 bis UB 15 an die AG Weser. Am 23.11.1914 erhielten weitere Werften einen Bauauftrag für neu entwickelte, ebenfalls kleine Küsten-UBoote, die speziell zum Minenlegen konstruiert worden waren, u.z. UC 1 bis UC 10 bei der Vulcan-Werft in Hamburg. während die AG Weser den Bauauftrag für UC 11 bis UC 15 erhielt.

Fazit:

Zumindest bei der U-Bootwaffe der Kaiserlichen Marine sind keine gezielten Vorbereitung oder gar geplante Kriegsdislozierungen vor Beginn des Ersten Weltkrieges zu beobachten, ganz anders als bei den U-Booten der Kriegsmarine vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die geschichtswissenschaftlichen Thesen zur Kriegsschuld des Deutschen Reiches für den Ersten Weltkrieg finden hinsichtlich des Einsatzes der U-Boote der Kaiserlichen Marine und dem Programm für U-Bootbau deshalb keine Unterstützung und entsprechende Mythen sind zu verwerfen.

Es gab zwar Studien zum möglichen Einsatz der U-Boote im Kriegsfall gegen Großbritannien und es waren Mobil-machungspläne für die Nordsee aufgestellt, die bei Kriegsbeginn auch zügig abgerufen werden konnten. Die Einsatzplanung für die U-Boote unmittelbar vor Kriegsbeginn erfolgte aber nur in strenger Umsetzung der für diese eher defensiv ausgerichteten Mobilmachungspläne, nämlich im Schwerpunkt Vorpostendienst. Die dann bei Kriegsbeginn tatsächlich befohlene erste große Aufklärungsfahrt von 9 U-Booten bis in die nördliche Nordsee am 06.08.1914 und am 08.08.1914 zum Ostausgang des Englischen Kanals war dann eine erste Abweichung von den ursprünglichen Plänen und zeigten die Suche der U-Bootführung nach einen möglichst wirksamen Einsatz der Boote.

Die U-Bootwaffe spielte in der operativen Planung der Kaiserlichen Marine für den Kriegsfall nur eine nachgeord-nete Rolle, sie waren im Wesentlichen zunächst auf defensive Vorpostendienste und gezielte Aufklärungsfahrten beschränkt, ein Handelskrieg durfte nur nach Prisenordnung durchgeführt werden. Eine äußerst ungünstige Situation für die U-Bootwaffe war zudem das Fehlen einer geschlossenen Marineführung und der starke Einfluss der Politik in Fragen des Handelskriegs sowie des Kaisers in Fragen des Einsatzes der Flotte insgesamt.

Zwar war gab es bei Kriegsbeginn eine aufgestellte und mit 14 U-Booten (U 5 bis U 18) auch ausgebildete, erste U-Flottille, deren Boote aber nur eingeschränkt einsatzbereit waren. Der Zulauf von neuen und leistungsfähigeren U-Booten hatte erst begonnen, gerade 4 Boote der zweiten U-Flottille waren bei Kriegsbeginn fertig ausgebildet. Zu diesem Zeitpunkt also auch in der Rüstung bei den U-Booten kein erkennbares Zuarbeiten auf einen möglichen Krieg mit Großbritannien. Selbst das beschleunigte Rüstungsprogramm für U-Boote der ersten Monate des Krieges zeigt keine wesentliche Verlagerung im Bauprogram für die Seestreitkräfte zugunsten der bald als besonders wirksam erkannten U-Bootwaffe.

In den ersten Kriegsmonaten ist kein systematischer Ansatz der U-Boote festzustellen, die Einsätze erleben veränderte Schwerpunktsetzungen und reichen von nahezu stationärem Vorpostendienst, über immer weiträumigere Aufklärungseinsätze auf der Suche nach der Grand Fleet, bis hin zu gezielten Einsätzen zur Errichtung von örtlichen Gegenblockaden durch Präsenz in ausgewählten Seegebieten. Ein Grund für die eigentlich nicht klaren Vorstellungen darüber, welche operativen Möglichkeiten der Einsatz von U-Booten bietet, mag gewesen sein, dass eben keinerlei Erfahrungen aus Kampfeinsätzen vorlagen. Die rasche Änderung der Einsatzaufträge für die U-Boote mit dann auch klar offensiven Elementen und die überraschenden großen Erfolge einzelner Boote gegen britische Kriegsschiffe in den ersten Wochen des Seekrieges führten andererseits doch langsam zur Änderung der Einschätzung vom Wert der U-Bootwaffe, zumal sich die Hoffnung auf ein schnelles Kriegsende an Land und die strategische Konzeption von der großen, entscheidenden Seeschlacht der deutschen und britischen Hochseeflotten bald zerschlug.

Der politisch und völkerrechtlich so lange umstrittene Handelskrieg mit U-Booten war ein neues Phänomen im Seekrieg, er war aber, wie sich später im Seekrieg 1914-1918 und natürlich im Zweiten Weltkrieg nachhaltig bewies, die wirksamste Form der U-Bootkriegführung. Die U-Boote der Kaiserlichen Marine waren in den ersten Kriegsmonaten zum Einen durch Vorpostendienst und Aufklärungsvorstöße stark gebunden, konnten zum Anderen die Seekriegsart „Handelskrieg“ als weitere Einsatzmöglichkeit durch die politischen Restriktionen kaum zum Tragen bringen, erst in den späteren Kriegsjahren konnten sie die entscheidende Wirkung dieser Seekriegsart demonstrieren.

Die zunächst restriktive Anwendung der Seekriegsart „Handelskrieg mit U-Booten“ und der fortwährende politische Einfluss bei den Überlegungen zu dessen Anwendung kann aber auch als ein weiteres Argument in der Diskussion um die Rolle des Deutschen Reiches vor und zu Beginn des Ersten Weltkrieges genannt werden, war doch diese Seekriegsart vor Kriegsbeginn und in den ersten Monaten als strategische Option nahezu ausgeklammert.

Text: Peter Monte – Fotos: Deutsches U-Boot-Museum



Quellen:
KTB von U 5 bis  U 30

Literatur:

  • Bauer, Hermann: Als Führer der U-Boote im Weltkriege, Verlag Koehler & Amelang, Leipzig 1942
  • Diwald, Hellmut: Seemachpolitik im 20. Jahrhundert, Droemersche Verlagsanstalt,München 1984
  • Franken, Klaus: Vizeadmiral Karl Galster – Ein Kritiker des Schlachtflottenbau der Kaiserlichen Marine“, Verlag Dr. Dieter Winkler, Bochum 2010, ISBN 978-3-89911-1367-8
  • Groos, O.: Der Krieg in der Nordsee, Band 1, aus dem mehrbändigen Admiralstabswerk Der Krieg zur See 1914-1918 (Leiter: von Mantey, Eduard), Verlag Mittler & Sohn, Berlin 1920
  • Michelsen, Andreas: Der U-Boot-Krieg 1914-1918, Verlag K.F. Koehler, Leipzig 1925, Nachdruck durch Melchior-Verlag, Wolfenbüttel 2007, ISBN 978-3-939791-41-6
  • Lipsky, Florian und Stefan: Deutsche U-Boote, Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 2006, ISBN 978-3-8289-5411-3
  • Rahn, Werner (Hrsg.): Deutsche Marinen im Wandel, Oldenbourg-Verlag, München 2005, ISBN 3-486-57674-7
  • Rössler, Eberhard: Geschichte des deutschen U-Bootbaus, Band 1, Bernhard & Graefe Verlag, Bonn 1974, 2. Auflage 1986, ISBN 3-86047-153-8
  • Schröder, Joachim: Die U-Boote des Kaisers, Bernhard & Greafe Verlag. Bonn 2003, ISBN 3-7637-6235-3
  • Spindler, Arno: Der Handelskrieg mit U-Booten, Band 1, aus dem mehrbändigen Admiralstabswerk Der Krieg zur See 1914-1918 (Leiter: von Mantey, Eduard), Verlag Mittler & Sohn, Berlin 1932


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