Strandgut – September

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Wrack eines deutschen U-Bootes aus dem ersten Weltkrieg vor belgischer Küste entdeckt

Der Gouverneur der belgischen Provinz Westflandern Carl Decaluwé gab in einer Pressekonferenz am 19. September bekannt, dass ein U-Boot-Wrack aus dem ersten Weltkrieg vor der belgischen Küste durch Taucher entdeckt worden sei. Dieser faszinierende Fund sei sehr gut erhalten, daher geht man davon aus, dass sich die sterblichen Überreste der Besatzung darin befinden. Man hätte nicht damit gerechnet, in belgischen Gewässern, wo bereits 10 U-Boot-Wracks aus dem ersten Weltkrieg lokalisiert und identifiziert wurden, ein weiteres, elftes, zu finden. Weitere Tauchgänge zum Wrack sollen nun Aufschluss darüber geben, um welches Boot es sich handelt. Die Bundesregierung wurde informiert, ließ aber durch den Militärattaché der deutschen Botschaft in Brüssel, Stefan Janke, verlauten, dass man nicht gedenke, das Wrack zu bergen sondern es als Kriegsgrab in den Karten zu verzeichnen und mit einem Tauchverbot zu versehen.

Erste Anzeichen des U-Bootes waren bereits auf einer Sonarvermessung der belgischen Regierung von 2014 erkennbar, es wurde jedoch davon ausgegangen, dass es sich dabei um ein Wrack eines Landungsbootes aus dem zweiten Weltkrieg handelt, welche in dieser Gegend relativ häufig anzutreffen seien. So wurde das Wrack als ein solches in die Wrack-Datenbank der Regierung aufgenommen. Erst eine erneute Analyse der Daten der Sonarvermessung durch Unterwasserarchäologen, unter ihnen Tomas Termonte, deuteten durch ihre Form dann aber doch stark auf ein gesunkenes U-Boot hin. Im Juni diesen Jahres unternahm Termote darauf hin die ersten Tauchgänge zum Wrack, das in 27 m Tiefe mit einer Neigung von ungefähr 45° auf ebenen Kiel im Sand liegt. Dabei entpuppte es sich als Wrack eines U-Bootes vom Typ UB II der U-Flottille Flandern. Das Wrack ist inzwischen dicht mit Unterwasservegetation überzogen, ansonsten aber weitgehend intakt. Sichtbare, schwere Beschädigungen finden sich nur am Bug. Eins der beiden übereinander liegenden Torpedorohre ist offenbar durch eine Explosion abgetrennt worden. Trümmerteile im nahen Umkreis deuten darauf hin, dass das U-Boot unmittelbar nach dieser Explosion, am ehesten durch einen Minentreffer, gesunken sein muss. Während des Jahrhunderts auf dem Meeresgrund hat auch die Fischerei ihre Spuren an dem U-Boot hinterlassen. Vielfach verfingen sich Netze in dem Wrack und rissen Teile ab bzw. blieben daran hängen. Dies war offenbar auch beim Turmluk der Fall, da aber die beiden anderen Luken noch fest verschlossen sind, geht man davon aus, dass sich die sterblichen Überreste der bis zu 23 Mann starken Besatzung noch im Wrack befinden und es daher als Seemannsgrab anzusehen sei.

UB 29 vom Typ UB II, Foto: Deutsches U-Boot-Museum

Um Schatzsucher fernzuhalten wird die genaue Position des Wracks geheim gehalten, bis es unter formellen Schutz belgischer Gesetze gestellt worden ist. Termote möchte noch vor dem Winter weitere Tauchgänge zum Wrack unternehmen um es zweifelsfrei zu identifizieren. Hierbei setzt er besonders auf die Propeller des Bootes, deren Markierungen eine eindeutige Identifizierung zulassen müssten. Von UB II-Booten kommen nach Termotes Ansicht nur drei Boote in Frage, dabei dürfte es sich um UB 27, UB 29 oder UB 32 handeln.

Tomas Termote (42) ist Unterwasserarchäologe aus Ostende. Er ist mit ca. 5.000 Tauchgängen in der Nordsee ein sehr erfahrener Taucher. Er ist ausgewiesener Experte für die U-Flottille Flandern im ersten Weltkrieg. Für sein sehr empfehlenswertes Buch „Krieg unter Wasser – Unterseebootflottille Flandern 1915-1918 recherchierte Termote auch hier in Altenbruch und so findet das U-Boot-Archiv Cuxhaven auch in seiner Bibliographie seinen Platz. Das Buch ist außer auf Niederländisch bzw. Deutsch auch auf Englisch erschienen. 2015 brachte er zusammen mit Carl Decaluwé das Buch „The Raid on Zeebrugge: 23 April 1918“ über die britischen Versuche, die Häfen von Ostende und Seebrügge zu blockieren heraus.

Das flandrische Brügge mit seinen Kanalverbindungen nach Seebrügge und Ostende

Mit bis zu 38 aktiven Frontbooten im Dezember 1917 operierte die U-Flottille Flandern, die im Oktober 1917 in zwei Flottillen aufgegliedert wurde von ihren drei Basen in den belgischen Häfen Brügge, Seebrügge und Ostende im Eingang des Ärmelkanals, an der britischen Ostküste bis hin zu den westlichen Zufahrtswegen, den Western Approaches oder der Biscaya. Zum Schutz vor britischen Angriffen wurden die belgischen Basen massiv ausgebaut, später wurden sogar erste U-Boot-Bunker zum Schutz vor Luftangriffen errichtet. Bis zu ihrer Auflösung im Oktober 1918 wurden von den Booten der U-Flottillen Flandern, zu denen auch Minen-U-Boote gehörten 2554 Schiffe mit ungefähr 4,5 Millionen BRT versenkt.

Weblinks:

Literatur:

  • Tomas Termote: Krieg unter Wasser – Unterseebootflottille Flandern 1915-1918, erhältlich bei Amazon: