Robinson, Markus F. und Dr. Gertrude J.

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Robinson, Markus F. und Dr. Gertrude J.
Hans Rose – Modern Day Knight
Bislang nur als Entwurf seit April 2015 vorliegend

Der Verfasser erhielt im April 2015 das Manuskript einer umfassenden Biographie des Kommandanten des Kaiserlichen U-Bootes SM U 53, Hans Rose, zur Rezension übersandt. Die beiden Autoren, der Elektroingenieur, Erfinder und Hobby-Historiker zur Geschichte Kaiserlicher U-Boote und seine Mutter, Dr. Gertrude Robinson, eine eremitierte Professorin der renommierten kanadischen, englischsprachigen Universität McGill in Montreal, waren auf die Persönlichkeit von Hans Rose aufgrund des besonderen Interesses von Markus Robinson an den Kaiserlichen Hochsee-Ubooten SM U 51 bis U 56 gestoßen und haben dazu umfangreich recherchiert. Durch Studium persönlicher Aufzeichnungen von Hans Rose, u.a. seinem 1939 veröffentlichten Buch „Auftauchen – Kriegsfahrten von U 53“ sowie nicht veröffentlichten weiteren Werken, wie dem Entwurf einer Autobiographie und persönlichen Briefen, aber auch Dokumenten von U 53 unter Hans Rose, wie dessen Kriegstagebüchern, bis hin zu Interviews mit seinen Nachkommen, haben beide Autoren eine bemerkenswert detaillierte Darstellung des Lebens und Charakters von Hans Rose zusammengetragen, die durch Qualität der Forschungsarbeit und die Präsentation von deren Ergebnissen herausragt.

Das Manuskript umfasst in der vorliegenden, 6. Fassung des Entwurfs insgesamt 387 Seiten, davon 330 Seiten Text in 25 Kapiteln und einer Einleitung, dazu auf 14 Seiten Bibliographie mit 283 Erwähnungen sowie auf 6 Seiten 986 Anmerkungen, am Ende noch 18 Seiten Schlagwortregister. Bilder sind bislang nicht integriert. Der Entwurf genügt höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen, bedingt auch durch den akademischen Hintergrund beider Autoren. Allerdings ist für den europäischen Leser die Gestaltung des Quellen- und Literaturverzeichnisses und der Anmerkungen verwirrend, weil ineinander übergehend und sollte deshalb in der Druckfassung besser und klarer geordnet werden, zumal durch die umfangreiche Nutzung längerer Zitate aus Hans Roses eigenen Darstellungen häufiger ein Bedarf für ein entsprechendes Quellenstudium entsteht.

Hans Rose lebte von 15.04.1885 bis 06.12.1969 und gehörte im Seekrieg des Ersten Weltkrieges zu den fünf erfolgreichsten Kommandanten eines U-Bootes der Kaiserlichen Marine, beim Einsatz gegen Konvois der ab Spätsommer 1917 war er sogar der erfolgreichste deutsche U-Bootkommandant, ihm wurde der höchste militärische Orden der damaligen Zeit, der Pour-le-Merite, verliehen. Er war als Offizieranwärter 1903 in die Kaiserliche Marine eingetreten und ab 1916 Kommandant des berühmten U-Bootes SM U 53, welches im September 1916 sogar den Atlantik überquerte und für wenige Stunden Newport, Rhode Island, in den USA besuchte. Er diente nicht in der Reichsmarine und wurde, altersbedingt, in der Kriegsmarine, erst bei Kriegsausbruch 1939 reaktiviert, wo er dann bis Mitte 1943 Dienst in verschiedenen Landdienststellen versah, zuletzt als Seekommandant im norwegischen Trondheim, zuständig für die dortige regionale Küstensicherung. In seinem Zivilleben war er zwischen den Weltkriegen in und um das Ruhrgebiet herum mit zunehmendem Erfolg unternehmerisch in der Metallindustrie tätig und in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges noch einmal in der Rüstungswirtschaft. Nach dem Tod seiner ersten Frau nach 30 Jahren Ehe in 1943, die ihm drei Söhne und eine Tochter geschenkt hatte, fand er nur wenige Jahre nach Kriegsende noch einmal ein langes spätes Glück mit einer verwitweten Frau und ihren 5 Kinder an deren Familiensitz im Sauerland.

Er hat also eine wechselvolle Zeit durchlaufen. Zunächst in tiefer Überzeugung und Verbundenheit zum Deutschen Reich unter Wilhelm II. in der Marine dieses Reiches dienend, dabei am Ende eines Reifeprozesses als Marineoffizier vor allem als Kommandant eines U-Bootes hervorragende Qualitäten als militärischer Führer bewiesen habend, nun mit einem Kriegsende und Ende des Kaiserreichs leben zu müssen, das er nie richtig hatte verarbeiten können und deshalb konsequenterweise auch nicht weiter als Offizier in der Marine der jungen Deutschen Republik dienen will. Er durchlebt und überlebt dann in kaufmännischer Tätigkeit am Ende sogar recht gut die turbulenten Jahre der Weimarer Republik, bleibt von der politischen Einstellung her dabei aber im konservativen Lager und wird aber, wie viele andere Vertreter der Wirtschaft, mit dem Wahlerfolg der NSDAP 1932 offen für die nationalsozialistischen Bewegung. Wie wiederum viele andere Mitläufer in dieser Zeit rückt er innerlich jedoch schon nach wenigen Jahren von den Zielen der nationalsozialistischen Führung und vor allem deren konkreter Umsetzung ab, Schlüsselerfahrung sicherlich die Behandlung der jüdischen Bürger des Landes – aber er hat trotz seiner Ablehnung des Regimes und bei aller kritischen Meinungsbekundung im engen Kreis oder in seinen persönlichen Notizen in vermeintlichem Pflichtgefühl gegenüber seinem Vaterland weiter mitgemacht.

Dennoch, es gibt einige Verhaltensweisen von Rose, die seine wachsende Distanz zum Regime auch äußerlich erkennen lassen, wie es die Autoren mit seinem Eintritt schon 1933 für ein ihm bekannten, verfolgten Wissenschaftler, oder sein Austritt aus der Marine-SA, sein Eintreten für die Kirche und zuletzt sein Niederlegen von Volkssturm-Aufgaben aufführen. Somit erlebt er zum zweiten Mal die Katastrophe einer militärischen Niederlage mit gewaltigen Umwälzungen in Staat und Gesellschaft, nun jedoch radikaler als je zuvor. Hans Rose wird ein Bürger der zweiten Demokratie in Deutschland und scheint hier ein im Wesentlichen auf das Wohlergehen der Lebenden seiner ersten und zweiten Familie konzentriertes Leben geführt zu haben.

Anders als manche seiner Zeitgenossen ist er in der jungen Bundesrepublik Deutschland nicht erkennbar politisch aktiv geworden oder hat sich auch anders nicht öffentlich mit seiner Stimme zu aktuellen Ereignissen gemeldet. Eher hat er sich reflektorisch mit seiner Vergangenheit beschäftigt und dazu viel niedergeschrieben, was auch den Autoren dieses Buchs über ihn die wesentliche Quelle für die Darstellung und Bewertung seines Lebens war, was diese in einigen Kapiteln dann auffällig umfangreich in längeren Zitaten nutzen. Aktiv scheint er aber in der Marine-Traditionspflege gewesen zu sein, war er doch Mitglied des Deutschen Marinebundes (DMB), der Marineoffiziervereinigung (MOV) und der damaligen „Marineoffiziermesse Essen“, und er empfing viele Besuche ehemaliger Kameraden und Freunde aus seinen Marinezeiten.

Die Autoren führen durch das gesamte Leben von Hans Rose und betten dessen wesentliche Epochen immer geschickt ein in die Schilderung der allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und, soweit Kriegszeiten betroffen sind, militärischen Lage. Ihn ihren bewertenden Aussagen zu diesem Überbau bewegen sie sich absolut im Rahmen der allgemein überlieferten Geschichtsdarstellung und vermeiden, wie es der Ansatz für die Präsentation der Persönlichkeit Hans Roses als „Ritter“ hätte vermuten lassen, jegliche tendenziöse, geschichtsverbrämende oder gar geschichtsbeugende Formulierung. Sie lassen den Leser somit Anteil nehmen am Schicksal eines herausragenden Marineoffiziers und militärischen Führers in Jahrzehnten wechselvoller Geschichte seines Vaterlandes, der, aufrecht und immer um Gerechtigkeit bemüht, mit den zum Teil turbulenten Ereignissen um ihn herum, ihn und seine Familie aber unmittelbar treffend, fertig werden musste.

Für den an der Welt der Kaiserlichen U-Boote Interessierten ist die Arbeit der beiden Robinsons eine vorzügliche Darstellung: Sie schildert nicht nur im Detail alle 15 Unternehmungen von U 53 unter Kapitänleutnant Hans Rose, darunter die abenteuerliche Fahrt nach Newport, RI, in den USA, sondern informiert auch über das Leben an Bord eines U-Bootes der Kaiserlichen Marine und die Einsatzdaten eines U-Bootes von der Klasse wie U 53, zudem erfährt der Leser sehr viel über die Ausbildung und das Innenleben in der Kaiserlichen Marine. Dies ist zweifellos die besondere Stärke der Arbeit der Autoren und schon deshalb ein sehr guter Anreiz zum Erwerb dieses Buches, sollte es je veröffentlicht werden.

Es ist zu begrüßen, dass die Reihenfolge der Kapitel im Wesentlichen chronologisch orientiert ist, was als sinnvoll anerkannt werden muss, zumal mit der Wahl, Ereignisse aus dem „Uboot-Leben“ von Hans Rose vorgezogen in die einleitenden Kapitel zu packen, das Vorhaben der Autoren, diesen als „Ritter unserer Tage“ darzustellen, besonders durch sein Verhalten als U-Bootkommandant herausgestellt werden kann. Die Arbeit der Autoren überzeugt durch eine unglaubliche Fleißarbeit in Recherche, Auswahl, Zusammenstellung, Darstellung und Bewertung, deren Ergebnisse in durchweg verständlich formulierte und flüssig zu lesende Texte umgesetzt worden sind. Hervorzuheben gilt es auch, wie gut die Autoren, anders als leider ein Fülle von anderen militärgeschichtlichen Autoren, es vermieden haben, den Zeitgeist unserer Tage als Elle der Bemessung bei der Darstellung und Bewertung des Lebens von Hans Rose walten zu lassen.

Eher nachteilig ist es, wie innerhalb der Kapitel, die fast durchweg chronologisch geordnet sind, in einigen Kapiteln etwas verwirrende zeitliche Sprünge hin und her gemacht werden, weil in Abweichung der Chronologie offensichtlich einen themenbezogene Ordnung gewählt worden ist. Erfreulich aber die geringe Zahl an Schreibfehlern und auch bei den historischen Darstellungen könnten nur in an wenigen Stellen Ergänzungen empfohlen werden, was allerdings bedeuten würde, die verwendeten Quellen, ja Originalzitate, nachträglich klarzustellen oder zu korrigieren. Deshalb ist die Entscheidung der Autoren zu akzeptieren, solche Zitate inhaltlich unverändert zu übernehmen. Die Darstellung eines wichtigen Bereiches des Lebens von Hans Rose wird jedoch nicht uneingeschränkte Zustimmung bei manchen Lesern finden: Es ist das Bemühen der Autoren, bei der Beweisführung für die „Ritterlichkeit“ von Hans Rose auch dessen Verhalten gegenüber und unter den Nationalsozialisten in gleichem Maße anzuführen, wie etwa in der Kaiserlichen Marine oder im Zivilleben, denn z.B. seine innerliche Abkehr von dem Regime spätestens 1938 und das distanzierte Verhältnis zu Josef Terboven, dem deutschen Reichskommissar in Norwegen, mag es zwar gegeben haben, dennoch diente er wenige Monate als Verbindungsoffizier zum Heer in Polen und fast 3 Jahre lang als Seekommandant in Norwegen. Dies tat er im gleichen Dilemma, wie unzählige andere höhere Wehrmachtsoffiziere seiner Zeit, nämlich einerseits Eidtreue, Pflichtgefühl und Einsatz für das Vaterland walten zu lassen, andererseits aber in zunehmendem Maße das Regime, dem er diente, abzulehnen und sich letztlich zu Gehorsam und vermeintlicher Pflichterfüllung auch gegenüber diesem Regime zu entscheiden.

Wie ist die Balance zwischen U-Bootdarstellungen und dem restlichen Leben zu bewerten, wenn Leser dieses Werk eher aus Uboot-Interesse lesen?

Der 84 Jahre alt gewordene Hans Rose verbrachte 16 Jahre in der Kaiserlichen Marine, davon rund 3 Jahre bei den U-Booten mit einer Kommandantenzeit auf U 53 von knapp 2 ½ Jahren, und noch einmal knapp 3 Jahre reaktiviert in der Kriegsmarine, davon allerdings nur 4 Monate als Leiter einer U-Bootausbildungseinrichtung. Insgesamt entspricht das gut einem Fünftel seines Lebens im Marinedienst, sicherlich die prägendste Zeit seines Lebens, vor allem durch den mehrjährigen Fronteinsatz auf einem U-Boot im Seekrieg 1914-1918. Das Buch widmet diesem Teil seines Lebens mehr als zwei Drittel des Textes, nur bezogen auf seine U-Booterfahrungen knapp 50 %. Zweifellos ist diese Balance gerechtfertigt, um die These des Buches, ausgedrückt oft durch die Wahl der Überschriften der Kapitel und Unterkapitel, vom „Modern Day Knight“ oder frei übersetzt „Ritter unserer Tage“ zu unterstreichen, ist doch sein Verhalten bei Kampfhandlungen das wesentliche Merkmal für den Nachweis von demonstrierter „Ritterlichkeit“. Diese große Betonung muss nämlich herhalten, um Hans Roses Charakter in seinem Leben außerhalb der Marine zu bewerten und auch dort Merkmale ritterlicher Eigenschaften zu identifizieren. Wie uns die Autoren aufzeigen, war dieser konservativ eingestellte, von preußischen Tugenden und eigentlich nie ganz aufgegebener Kaisertreue erfüllter Mensch in seinem übrigen Leben eigentlich nicht uneingeschränkt das, was man mit einem „modernen Ritter“ verbinden würde: Er war ein liebender Ehemann, aber ein eher reservierter Vater, er stand der nationalsozialistischen Bewegung anfangs offen gegenüber, auf ein Wiederherstellen vermeintlicher deutscher Größe und Würde Hoffender, dann aber bestenfalls ein am Ende nur enttäuschter und insgesamt eher in innerliche Opposition gehender Mensch, und er war ein im Wesentlichen erfolgreicher Geschäftsmann, wo Verhaltensweisen wie „Ritterlichkeit“ für geschäftlichen Erfolg sicherlich nur nachrangig sein dürften. Gleichwohl, Hans Rose hat auch unter Belastung immer Gradlinigkeit und Charakter bewiesen, was per se ein Bestandteil von „Ritterlichkeit“ sein mag.

Es muss als besonders anerkennenswert herausgestellt werden, dass die Autoren Leben und Persönlichkeit von Hans Rose nicht nur darstellen sondern auch bewerten – und dies durchaus auch kritisch. Insofern kann eine Unterstellung von unreflektierter und unkritischer „Lobhudelei“ von Hans Rose zum Zwecke der Erhebung der Autoren von ihm zum „Modern Day Knight“ nicht erhoben werden.

Fazit:

Die Autoren legen mit der Biographie von Hans Rose eine vor allem durch ihre Leistungen im Seekrieg des Ersten Weltkrieges als U-Bootkommandant und durch ihre Haltung im weiteren Leben herausragende Persönlichkeit vor.

Der Titel „Modern Day Knight“, vereinfacht als „Ritter unserer Tage“ zu verstehen, mag für das Empfinden einer aktuellen deutschen Leserschaft etwas zu abgehoben klingen, vielleicht hätte es ein Titel wie „True Gentlemen in War and Peace“ oder ähnliches auch getan, denn mit der gewählten Überschrift und teilweise den Kapitelüberschriften werden falsche Erwartungen erweckt. Gleichwohl, das vorliegende Werk ist zunächst für eine anglo-amerikanische Leserschaft gedacht, wo solche Wortschöpfungen völlig normal sind. Aber, es bleibt zu hoffen, dass die Arbeit der Autoren auch eine Veröffentlichung für eine deutschsprachige Leserschaft findet.

Mit „Modern Day Knight“ wird uns eine durch bemerkenswerte Recherchearbeit und große Quellentreue sowie eingebrachte profunde Kenntnisse und sicheres Urteil zu geschichtlichen Vorgängen entstandene Arbeit weit über reine Marinegeschichte hinaus vorgelegt. Der vornehmlich U-Bootgeschichte Erwartende wird an der Arbeit ebenso Gefallen finden wie der eher an dem Verhalten bekannter militärischer Führungspersönlichkeiten in der wechselvollen Geschichte Deutschlands von der wilhelminischen Zeit bis in Bundesrepublik der 1960er Jahre Interessierte.

Es bleibt zu hoffen, dass die Autoren zu einer Veröffentlichung bereit sind und einen Verleger finden, denn dieses dann fertige Buch wäre eine unbedingte Bereicherung jeder Bibliothek, weit über eine Ergänzung marinegeschichtlicher Sammlungen hinaus.

Verfasser: Peter Monte am 25.05.2015
Deutsches U-Boot Museum