Operation Caesar

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U 864 – Operation „Caesar“

Das Typ IX D2 U-Boot U 864 (Verdrängung getaucht 1.804 t, Länge 87,6 m, Breite 7,5 m, Geschwindigkeit aufgetaucht 19,2 kn, getaucht 6,9 kn, Reichweite bis zu 23.700 sm bei 10 kn, 4 Bug- und 2 Hecktorpedorohre, 24 Torpedos an Bord, auch Minen, Geschütz, Besatzung 55-63 Mann) wurde nach seinem Bau bei der Deschimag AG Weser am 09.12.1943 in Dienst gestellt. Kommandant wurde KKpt Ralf-Reimar Wolfram, der zuvor schon Kommandant von U 108 war und mit diesem Boot drei Einsatzfahrten erfolgreich absolviert hatte. Nach seiner Erst- und Einsatzausbildung in der Ostsee verließ das Boot am 05.12.1944 Kiel, um als Frontboot für langandauernde Einsätze verwendet zu werden.

Indienststellung von U 864 am 09.12.1943
Indienststellung von U 864 am 09.12.1943

Der erste Fronteinsatz war zugleich geplant als eine Transportfahrt nach Japan mit kriegswichtigen Gütern sowie Bauteilen und Konstruktionszeichnungen für die deutschen Düsenkampfflugzeuge Me 163 und Me 262. Dazu wa-ren unter den Gästen an Bord auch deutsche Flugzeugingenieure. Zu den kriegswichtigen Gütern für den deut-schen Kriegsalliierten Japan gehörten u.a. 1.857 Metallflaschen mit insgesamt rund 65 to Quecksilber. Der Einsatz erhielt die Deckbezeichnung „Operation Cäsar“.

Diese Transportfahrten von U-Booten mit strategischen Gütern, wichtigen Konstruktionsunterlagen und Bauteilen für Flugzeuge, Raketen und andere Waffenentwicklungen, sowie Personal zwischen den Achsenmächten Deut-schland und Japan waren zwischen diesen im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit seit 1942 vereinbart worden und es kam in Umsetzung dieser Vereinbarung zu mehreren solcher Fahrten durch deutsche und japanische U-Boote zwischen Europa und Japan. Wir haben in unserer Serie „Mythen“ dazu bereits über U 234 berichtet, eine weitere solcher geplanten Fahrten, allerdings nach der von U 864 begonnenen.

Korvettenkapitän Ralf-Reimar Wolfram
Korvettenkapitän Ralf-Reimar Wolfram

Nachdem U 864 den Jahreswechsel 1944 auf 1945 in Norwegen verbracht hatte, verließ es am 07.02.1945 mit einer ungewöhnlich großen Besatzung von 70 Mann plus 3 Gästen Bergen, erlitt aber kurze Zeit nach der Ausfahrt in den Nordatlantik einen Schaden an einem der Hauptmotoren, so dass sich der Kommandant zur Rückkehr für eine Reparatur entschloss. Leider verursachte der Maschinenschaden auch sehr laute Geräusche, was einen erheblichen Nachteil für U 864 und seine Ortbarkeit bedeutete.

Der Auftrag von U 864 mit seiner Transportfahrt wichtiger Güter, Dokumenten und Spezialisten an Bord nach Japan war den britisch-en Nachrichtendiensten durch deren, in den letzten Jahren des U-Bootkrieges entwickelten Fähigkeiten zum Entschlüsseln des deutschen U-Boot-Funkverkehrs und aus anderen Quellen bekannt geworden, so dass ein U-Boot der Royal Navy vor der Küste Norwegens bei Bergen direkt auf U 864 angesetzt werden konnte. Hierfür wurde HMS Venturer unter Lieutenant James H. Launders befohlen, ein U-Boot mit bereits großen Erfolgen, auch im gezielten Kampf gegen Deutsche U-Boote.

Das britische U-Boot HMS Venturer (P-68) war in der Serie der kleineren Küsten-UBoote der Royal Navy des Typs „V“ (Einhüllenboot, Verdrängung 740 to getaucht, Länge 62,3 mtr, Breite 4,9 mtr, Geschwindigkeit 11 kts, getaucht 10 kts, 4 Bugtorpedorohre, ein 3″ Geschütz, 37 Mann Besatzung) am 19.08.1943 in Dienst gestellt worden und hatte unter seinem Kommandanten, Lieutenant James H. Launders, in 2 Einsatzfahrten bereits 3 Schiffe versenken können. Bemerkenswert aber seine Versenkung des aufgetaucht fahrenden U 711 am 11.11.1944 etwa 7 sm östlich des norwegischen Andenes.

HMS Venturer - versenkte unter seinen Kommandanten, Lieutenant James H. Launders U 771 und U 86
HMS Venturer – versenkte unter seinen Kommandanten, Lieutenant James H. Launders U 771 und U 86

HMS Venturer gelang es, U 864 zu entdecken und zu verfolgen. Bis dahin einzigartig kam es in der Folge zu einer Unterwasserverfolgung eines U-Bootes durch ein anderes U-Boot, eine heutzutage absolut eingeführte Fähigkeit von U-Booten auch zur U-Jagd. Kommandant Launders zeigte ein bemerkenswertes Geschick und taktisches Können beim Verfolgen des deutschen U-Bootes und hatte auch das notwendige Glück auf seiner Seite. Mit einem Viererfächer im Unterwasserschuss gelang es ihm schließlich, aus etwa 2.000 mtr Entfernung mit einem der Torpedos einen Treffer auf U 864 zu erzielen, der zur unmittelbaren Zerstörung des deutschen U-Bootes führte, irgendwelche Abwehrmaßnahmen von U 864 bei Annäherung der Torpedos von HMS Venturer konnten in der Forschung bisher nicht festgestellt werden. Alle 73 Mann an Bord von U 864 kam bei der Vernichtung des Bootes ums Leben.

Im März 2003 wurde das in zwei Teile zerbrochene Wrack von U 864 in rund 150 mtr Tiefe vor der Zufahrt nach Bergen bei der norwegischen Insel Fedje entdeckt und hat seitdem für viel Aufregung gesorgt. Neben der Frage nach der Sicherheit vor den noch an Bord befindlichen Waffen und vor allem vor den Batterieinhalten gilt die Hauptbesorgnis der Ladung von Quecksilber. Es wird befürchtet, dass die Metallbehälter mit dem Quecksilber bald durch Korrosion ihren giftigen Inhalt in die Umwelt des Meeres entlassen und es dort zu kaum abzuschätzenden Schäden kommen könnte.

Die seitdem dazu festzustellende Berichterstattung, vor allem in den norwegischen Medien, ist intensiv und, wie oft in solchen Fällen, von viel Spekulationen und wilden Szenarien gekennzeichnet. Weitere Untersuchungen haben nach einer zwischenzeitlichen Überlegung in 2007 zur Versiegelung des Wracks durch einen Betonsarg Anfang 2009 zu dem Entschluss der norwegischen Regierung geführt, nun doch eine noch rechtzeitige Bergung des U-Boot zu versuchen. Die Bergungskosten werden auf mindestens 45 Mill. Euro geschätzt. Es kam jedoch zu weitere Untersuchungen der naturgemäß sehr komplizierten Bergungsoperation, u.a durch die konkurrierenden Bergungsunternehmen Smit aus den Niederlanden (hat seinerzeit die russische Kursk gehoben) und „Eide Marine Services“ aus Norwegen. Am 05.03.2010 schließlich meldete die Tageszeitung Bergens Tiderne, dass nun ein Bergungsdatum in 2012 vorgesehen ist.

Der deutsche TV-Sender SAT 1 strahlte am 18.10.2011 zu bester Sendezeit das deutsche TV-Drama „Am Ende Hoffnung“ aus, der die Geschichte einer jungen Frau im Deutschland Ende des Jahres 1944 zeigt, die ihre Gefühle zwischen zwei Männer teilen muss: einem Arzt britisch-deutscher Herkunft, der in einem deutschen Lazarett zugleich als britischer Spion arbeitet und einem deutschen U-Bootoffizier, den sie über dessen Einsatz mit U 864 bespitzeln soll. Die frei erfundene Geschichte nutzt die tatsächlichen Ereignisse, um die letzte Fahrt von U 864 zu einem mit großem Aufwand hergestellten Film, darunter viele Szenen mit einem und aus einem U-Boot, das U 864 darstellen soll.

Bemerkenswert an dieser letzten Fahrt von U 864 sind eine Reihe von Dingen:

  1. Die Allianz zwischen Deutschland und Japan lebte bis in die letzten Kriegsmonate.
  2. Eine direkte Verbindung zwischen beiden konnte nur noch per U-Boot erfolgen.
  3. Die gegenseitigen U-Boottransporte, u.a. auch mit 1943 beschlagnahmten italienischen U-Booten, wurde für Transport von kriegswichtigen Personal und Material und neuesten Entwicklungen in der Waffentechnik in Form von Konstruktionsunterlagen und Bauteilen genutzt.
  4. Die Typ IX U-Boote mit ihrer großen Reichweite haben ihre Fähigkeit zum Überwinden der großen Entfernungen Europa-Südostasien-Japan mehrfach unter Beweis gestellt.
  5. Ein weiteres Mal zeigte sich die sehr nachteilige operative Lage für die deutschen U-Boote durch den zu dieser Zeit fast perfektionierten britischen Nachrichtendienst, der schon im Voraus weitgehend informiert war über den Einsatz von U 864.
  6. Der Erfolg von HMS Venturer gegen U 864 ist zweifellos eine herausragende taktische Leistung und zudem die einzige Versenkung eines deutschen U-Bootes durch ein unter Wasser angreifendes anderes U-Boot.
  7. U 864 hatte sicherlich sehr viel technisches Pech, während HMS Venturer auch das notwendige Glück im Orten und Treffen zur Seite stand.
  8. Wracks wie das von U 864 stellen selbst über 60 Jahre nach der Versenkung des Bootes noch eine unmittelbare Gefahr für die Umwelt dar.

Quelle: Text und Bildmaterial – Deutsches U-Boot-Museum

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