Kapitel 6

Home / Kapitel 6

Zur Themenübersicht

Der Stab des Großadmirals Karl Dönitz

p089_1_00Zusätzlich zu den Dienstgradabzeichen tragen Generalfeldmarschälle und Großadmirale noch einen Stab als Zeichen der Rangeswürde mit sich herum. (Als ob sie mit der Würde ihres Ranges und mit der Verantwortung, die sie zu tragen haben, nicht schon mehr als genug belastet seien.)

So wurde also auch ein solcher Stab speziell für Dönitz angefertigt, als er zum GA befördert wurde. Speziell heißt, daß in die Goldschmiede-Arbeit auch der Name des Trägers eingearbeitet wurde. So war ein solcher Stab ein ganz persönliches Stück – nur auf den Träger bezogen. Da nun Dönitz seine Stützpunkte häufig in unmittelbarer Frontnähe hatte, musste damit gerechnet werden, daß er sein Leben verlor. Für eventuelle Nachfolger gab man deshalb gleich zwei weitere Stäbe in Auftrag, genau gleich aussehend, nur ohne Namen.

Es kam das Kriegsende, die politische Lage war sehr verworren, Dönitz war von Hitler noch zu seinem Nachfolger ernannt worden. (Höchstwahrscheinlich, weil er der einzige war, der sich getraut hatte, zu Hitlers Anordnungen auch oft „nein“ zu sagen. Von Fragen des Seekrieges hatte Hitler nun schon gar keine Ahnung!) Aber wenn er Fehlentscheidungen in anderen Bereichen (Heer, Luftwaffe) traf, buckelten die unterwürfigen Vasallen um ihn herum und gehorchten blind ohne Widerspruch.

Dönitz bot Hitler immer die Stirn (siehe Prof. Michael Salewski „Protokolle aus dem Führerhauptquartier“). Er hatte wohl gemerkt, daß Dönitz der einzige war, der ehrlich als preußischer Offizier ‚Stolz vor Thronen“ bewies. In dieser Lage nun wussten die Engländer, zu deren Besatzungs-gebiet der Raum Flensburg gehörte, in dem Dönitz ‚residierte‘, nicht, wie sie sich verhalten sollten, sie setzten deutsche Marineangehörige als Wachen ein (siehe Artikel H.B. „Wolfgang Lüth“), Offiziere behielten noch 14 Tage ihre Waffen, Dönitz wurde von den Besat-zungstruppen vorerst noch als ‚Staatsoberhaupt‘ anerkannt. Die Besatzungstruppe war die ‚Kings-Shropshire Light Infantry‘ mit der Heimatgarnison in Shrewsbury/ Shropshire – Mittelengland.

Etwa 14 Tage nach Kriegsende kamen endlich klare Anweisungen: Die deutschen Truppen wurden entwaffnet und wurden in die Gefangenschaft übergeführt. Die von Dönitz provisorisch aufgestellte „Deutsche Regierung“ wurde abgesetzt und ebenfalls gefangen genommen. So mussten auch Dönitz und sein Offiziers-Stab ihre Sachen packen und auch sie wurden als Gefangene abtransportiert – getrennt von ihrem Gepäck, in dem bei Dönitz auch sein Großadmiralsstab war, – jedenfalls noch anfangs. Als der ‚Gefangenenchor‘ dann bei der nächsten „Unterkunft“ ankam, fehlte der Stab aus seinem Gepäck – klarer Fall von Diebstahl, würde ich sagen.

1982 erhielt ich eine Einladung der British Navy nach Portsmouth zur Submarine-Base und von dort weiter durch den Repräsentanten des U-Boot-Archives, Mr. Jak P. Mallmann-Showell zu dem Regimentssitz der King-Shropshire Light Inf. in Shrewsbury. Angehörige des Regiments, die in Flensburg dabei waren, führten mich durch ihr Museum – und da sah ich den Stab des GA Dönitz wieder!

Ich berief mich auf die „Europäische Annäherung“ und daß es Zeit sei, den Stab zurückzugeben, erhielt als Antwort, daß das ‚Kriegsbeute sei, worauf – respektlos, wie ich nun manchmal bin – ich sie darauf hinwies, daß sie den Stab 14 Tage nach Kriegsende aus seinem Gepäck entwendet hätten. Daß ich die Zusammenhänge kannte, war ihnen sichtlich peinlich, aber dieser Stab befand sich – würdevoll gelagert hinter Panzerglas – umgeben von Stücken, die den GA Dönitz ehrten und vor allem in einem Raum, der zur Würdigung der deutschen U-Bootfahrer ausgestaltet war.
In Deutschland – damals noch auf zwei Seiten, DDR und BRD – wäre eine so ehrende Demonstration nicht möglich. Ich finde, dann sollte man den Status quo belassen! Von den anderen beiden Stäben hat einen mein Freund Peter Tamm in seinem einmaligen Marine-Museum in Hamburg, – und der andere?

Da fragt mich vor einigen Jahren ein Mäzen, ob ich für unser Museum diesen Stab, oder Geld haben möchte. So wichtig auch jede Summe finanzieller Unterstützung für Archiv und Museum wären – ich habe den Stab gewählt!

p089_1_01