Die Versenkung…

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…des britischen Flugzeugträgers Courageous durch U 29

Sonntag, 17. September 1939. Gegen 16.00 Uhr, bei herrlichsten Sonnenschein und nur leicht bewegter See, entdeckte U 29 unter Kapitänleutnant Otto Schuhart südwestlich von Irland ein Fahrgastschiff, das Kurs auf dem Westeingang des Kanals hielt. Otto Schuhart identifizierte es als einen mit hoher Fahrt und Zickzackkurs fahrenden Passagierdampfer von etwa 10.000 BRT. Er setzte U 29 umgehend zum Angriff an und versuchte, in eine günstige Position zu kommen. Hierbei entdeckte der Kommandant zwei Flugzeuge, die über den Dampfer kreisten. Plötzlich drehte das Schiff ab und lief mit hoher Fahrt davon. Schuhart brach die Verfolgung ab und fuhr in getauchtem Zustand auf 40 m weiter.

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Es war 18.00 Uhr, als Otto Schuhart vor dem geplanten Wiederauftauchen den üblichen Rundblick durch das Sehrohr nahm. Nach wenigen Sekunden fiel ihm eine viereckige schwarze Rauchwolke auf, die deutlich im Fadenkreuz des Sehrohrs stand. Obwohl er das Periskop höher ausfuhr, konnte er nicht genau erkennen, was für ein Fahrzeug er vor sich hatte. Was er dann aber sah, ließ ihn erstarren. Deutlich war nun ein britischer Flugzeugträger zu sehen, der im Zickzackkurs durch die jetzt gröbere See pflügte, begleitet von Zerstörern und ständig um ihm herumfliegenden Flugzeugen, die seine Sicherung bildeten.

An Bord von U 29 wurden sofort Vorbereitungen für einen Unterwasserangriff in mit Torpedos getroffen. Noch aber war die Distanz zu groß. Das U-Boot lief in getauchtem Zustand mit dem zackenden Träger, der sich mit der Zeit aber immer weiter entfernte. Dann plötzlich drehte der Flugzeugträger um mindestens 70 Grad auf südlichen Kurs und mit etwa 15 Knoten Fahrt direkt auf U 29 zu, um, wie wir später erfahren, für den Start einige seiner 48 „Swordfish“-Bordflugzeuge in den Wind zu drehen. Blitzschnell änderte sich nun wieder die Lage für U 29. Die Mündungsklappen der Torpedorohre wurden erneut geöffnet werden, der Kommandant konnte die Schusswerte aber nur mehr schätzen als errechnen.
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19.50 Uhr. Drei Torpedos verließen die Rohre, abgefeuert auf Sehrohrtiefe auf eine Entfernung von zirka 2.700 Metern, anschließend ging U 29 vor einen heraneilenden Zerstörer auf etwa 60 Meter Tiefe. Von den drei Torpedos traf einer den Maschinenraum hinter der Kesselanlage. Unmittelbar darauf folgte eine zweite schwere Detonation durch den zweiten Torpedotreffer und danach verschiedene kleinere Detonationen. Der Flugzeugträger war von zwei der drei abgefeuerten Torpedos an seiner Backbordseite getroffen worden. Die Gewalt dieser Explosionen war so gewaltig, dass das Flugdeck an einer Stelle wie ein Stück Blech aufgerissen wurde. Aus den Rauch- und Wassersäulen trat der schwer getroffene Träger mit einer starken Schlagseite wieder heraus. An Bord der Courageous, so hieß der Träger, fiel sofort das Licht aus. Die Besatzung rannte zum Flugdeck, vielen gelang es jedoch nicht mehr, die unter Deck befindlichen Räume rechtzeitig verlassen. Von der Brücke des tödlich getroffenen Schiffes gab Captain William Makeig-Jones, der Kommandant des Flugzeugträgers, schließlich den Befehl zum Verlassen des Schiffes.

Die Männer sprangen in die See oder rutschten von dem schlüpfrigen Flugdeck herunter, denn das große Schiff neigte sich langsam auf die Seite. Nur zwei Rettungsboote an der Backbordseite konnten überhaupt noch zu Wasser gelassen werden, von denen eines wenig später vom sinkenden Träger zerschlagen wurde. Rings um das Schiff herum war die See übersät mit Schiffbrüchigen und herumschwimmenden Trümmern, an einem Floß hingen fast 50 Matrosen. Etwa zwanzig Minuten nach den beiden Torpedotreffern versank der 22.500 Tonnen große Flugzeugträger Courageous mit laufenden Maschinen über das Heck auf der Position 50°10′ Nord und 014°15′ West im Marinequadrat BE 3198, etwa 150 Seemeilen westsüdwestlich des Südwestzipfels von Irland bei Mizen Head.
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Die Courageous riss 518 Mann mit in die Tiefe, 741 Seeleute, darunter 72 Offiziere konnten gerettet werden. Captain Makeig-Jones ging mit seinem Schiff unter. Nach Aussagen der Überlebenden sank die Courageous langsam und majestätisch. Während der Flugzeugträger bereits zu sinken begann, hatten die Begleitzerstörer U 29 gestellt. Insgesamt musste das U-Boot fast 4 Stunden schwere Wasserbombenangriffe mit über 100 abge-worfenen Wasserbomben überstehen, bevor die Zerstörer ab Mitternacht den Kontakt zum U-Boot verloren und U 29 sicher nach Wilhelmshaven zurückkam.

p257_1_03An der umfassenden Rettung der Schiffbrüchigen beteiligten sich der amerikanische Frachter Collingworth, das holländische Fahrgastschiff Veendam , das britische Frachtschiff Dido und die Begleitzerstörer der Courageous.

Am 18. September 1939 brachte der englische Rundfunk eine Meldung, dass die britische Admiralität bedauert, den Verlust des Flugzeugträgers Courageous mitteilen zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich U 29 westlich von Irland, noch auf dem Rückmarsch. Am 19. September 1939 gab der OKW-Bericht bekannt, dass die Versenkung des Flugzeugträgers Courageous durch die Meldung des angreifenden U-Bootes bestätigt wurde, denn am 18.09.1939 wurde im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung vermerkt:

„Englischer Rundfunk gibt bekannt, dass Courageous von deutschem U-Boot versenkt worden sei. Die Nachricht wird um 13.00 Uhr von englischer Admiralität bestätigt. |> Admirality regrets to anounce that H.M.S. Courageous has been lost by enemy submarine action <

Die vom englischen Rundfunk gleichzeitig verbreitete Nachricht, das deutsche U-Boot sei vernichtet worden, wird durch die Meldung des Bootes U 29 mit Funkspruch FT1819 widerlegt. „Courageous vernichtet, Heimmarsch, U 29.“ Die Besatzung von U 29 unter seinem Kommandanten, Kapitänleutnant Otto Schuhart, wird vom Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Erich Raeder, durch Verleihung des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet, der Kommandant erhält das EK II und EK I, die Besatzung das EK II. Der Erfolg von U 29 in den ersten Kriegstagen wurde in Deutschland propagandistisch willig aufgenommen und die Besatzung wurde am 28.09.1939 sogar von Adolf Hitler anlässlich dessen Besuchs in Wilhelmshaven persönlich beglückwünscht.

p257_1_04Der U-Bootkommandant, Kapitänleutnant Otto Schuhart, wurde am 16. Mai 1940 als vierter U-Boot-Kommandant und als Kommandant von U 29 wegen seiner Erfolge mit dem Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Otto Schuhart durchlief nach seiner Kommandantenzeit auf U 29 ab 1941 verschiedene Verwendungen an Land, so u.a. als Flottillenchef der 21. U-Flottille in Pillau, und er überlebt der Krieg, um dann von 1955 bis 1967 auch in der Bundesmarine Dienst zu tun. Er starb am 26.02.1990 im Alter von 81 Jahren. U 29 überlebte den Zweiten Weltkrieg nicht, denn das Boot wurde am 05. Mai 1945 in der Flensburger Förde von seiner Besatzung selbst versenkt.

Text: Hans-Joachim Röll – Fotos Deutsches U-Boot-Museum

Hinweis

Bei dem vorgenannten Bericht über U 29 handelt es sich um einen kurzen Abriß der Ereignisse, verfasst von unserem langjährigen Mitglied Hans-Joachim Röll, der als Autor das Buch „Ritterkreuzträger Korvettenkapitän Otto Schuhart – U 29 meldet: Britischer Flugzeugträger Courageos versenkt“, geschrieben hat.

Das Buch ist  im Oktober 2012 erschienen – siehe auch Buchbesprechung.

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